1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Fahrradies in Halle blickt auf 30 erfolgreiche Jahre zurück

Im Radfahr-Paradies Fahrradies in Halle blickt auf 30 erfolgreiche Jahre zurück

Das Fahrradies in der Bernburger Straße ist aus der aktiven Bürgerbewegung entstanden. Heute kann das Unternehmen auf 30 erfolgreiche Jahre zurückblicken.

Von Katja Pausch 23.06.2021, 15:31
„Fahrradiesische“ Erfolgsgeschichte seit 1991: GeschäftsführerThomas Barth  hat das Unternehmen aus einem Umweltprojekt gegründet.
„Fahrradiesische“ Erfolgsgeschichte seit 1991: GeschäftsführerThomas Barth hat das Unternehmen aus einem Umweltprojekt gegründet. (Foto: Silvio Kison)

Halle (Saale) - Das Rad neu erfunden haben die acht jungen Hallenser damals im Paulusviertel ganz gewiss nicht, wohl aber mit ihren Ideen und ihrem Engagement den Grundstein für eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte gelegt, die ihresgleichen sucht: Heute kann das „Fahrradies“ in der Bernburger Straße auf 30 spannende Jahre zurückblicken.

Seinen Ursprung hat das Fahrrad-Fachgeschäft samt Werkstatt, das zu den modernsten Unternehmen in Sachen Mobilität nicht nur in der Saalestadt zählt, in der engagierten halleschen Bürgerbewegung nach der Wende: „Wir waren damals acht Leute, die sich zunächst lose, dann als eingetragener Verein mit verschiedenen Themen befasst haben“, so Geschäftsführer Thomas Barth, der zu den Gründern zählt und quasi „übriggeblieben“ ist.

Mit am Runden Tisch Verkehr der Stadt Halle

Jeder der Acht habe damals, Anfang der Neunziger, 100 Mark gegeben, um Projekte wie eine Selbsthilfewerkstatt, eine Rad-Bibliothek, ein Rad-Lokal und den „Fahrradies-Kult“ mit Filmen und Treffs für Radbegeisterte aufbauen zu können. Die „Fahrradies“-Leute, damals noch in einem Eckhaus in der Windhorststraße, saßen mit am Runden Tisch Verkehr der Stadt Halle, steuerten Ideen in der IG Verkehrsökologie bei. Damals seien sie von manchen Leuten, auch von Politikern, als „die Spinner aus dem Paulusviertel“ abgetan worden, so Barth, der sich noch gut an das erste Straßenfest in der Windhorststraße erinnert. Heute ist Barth bundesweit vernetzt, engagiert sich in der Zukunftswerkstatt Einzelhandel - und ist begeistert, wenn er von bisherigen und aktuellen Erfolgen in puncto Radverkehr spricht. „Gerade wurden auf unsere Initiative hin neun Radstellplätze in der Bernburger Straße eingerichtet“, so die jüngste Erfolgsmeldung.

Zweirad-Mechaniker Kay Schwinzer (r.) vermisst mit Hilfe des hochmodernen Body-Scanners eine Kundin, um für diese das perfekte Fahrrad auszuwählen.
Zweirad-Mechaniker Kay Schwinzer (r.) vermisst mit Hilfe des hochmodernen Body-Scanners eine Kundin, um für diese das perfekte Fahrrad auszuwählen.
(Foto: Silvio Kison)

Angeschoben hatten Barth und sein Team, die die Bernburger gern als Fahrradstraße sähen, das Anliegen vor drei Jahren. Es sei schön, dass die Leute zunehmend aufs Rad steigen - auch und erst recht während Corona. „Die Pandemie ist da wie eine Lupe, sie vergrößert sämtliche vorhandenen Probleme“, sagt Barth und nennt Zahlen: „Ein Viertel der Stadtfahrten beträgt unter zwei Kilometer - und viele fahren die mit dem Auto“. Das müsse nicht sein, so Barth, der meint, die Stadt Halle habe schon viel für Radfahrer getan. Die Pandemie habe noch einmal Schwung ins Rad gebracht: Familien haben das Fahrrad für sich entdeckt, Kinderräder erlebten derzeit einen Boom, Schulklassen würden statt teuer ins Ausland fliegen inzwischen lieber mit dem Rad auf Klassenfahrt gehen - eine gute Entwicklung hin zur Mobilitätswende.

Barth und sein Team - inzwischen arbeiten 22 Mitarbeiter im „Fahrradies“ - sind auf den Boom eingestellt. Nicht nur, dass die Werkstatt- und Verkaufsfläche von einst 80 auf jetzt 360 Quadratmeter erhöht wurde, modernste Arbeits- und Werkstattplätze geschaffen worden sind und Barth seit über 20 Jahren ausbildet. „Wir haben kräftig in Technik investiert“, so Barth und zeigt auf einen hochmodernen Body-Scanner. In dem Gerät, bekannt aus der Sportindustrie, wird der Kunde über 16 Kameras in 3-D vermessen. Alle Daten, inklusive einer Bedarfsanalyse, werden von einer speziellen Software berechnet - und damit das perfekt auf den Kunden zugeschnittene Rad ermittelt. „Das Wichtigste aber“, so Barth, sei etwas anderes: „Es ist die Zeit, die wir uns für unsere Kunden nehmen.“ (mz)