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Europachaussee für Trauerfeier gesperrt Europachaussee für Trauerfeier gesperrt: Halles Polizisten nehmen Abschied von totem Kollegen

Von Sandy Schmied 26.04.2015, 18:15
Trauerflor an den Einsatzfahrzeugen der Polizei am vergangenen Freitag nach dem Unfall, bei dem auch ein Polizist ums Leben kam.
Trauerflor an den Einsatzfahrzeugen der Polizei am vergangenen Freitag nach dem Unfall, bei dem auch ein Polizist ums Leben kam. Silvio Kison Lizenz

Halle (Saale) - Es waren bewegende Momente am Sonntagnachmittag an der Stelle, an der in der Vorwoche ein Polizist und ein Motorradfahrer ums Leben kamen. Angehörige der beiden Toten kamen am Sonntag zur Unfallstelle, sie wollten mit eigenen Augen den Ort sehen, an dem der tragische Unfall geschah. Die Polizei hatte eigens für die kleine Trauerfeier die Europachaussee abgesperrt.

Aber nicht nur Angehörige, auch Kollegen des toten Polizisten trauern um ihren Kollegen. So wie die Aufklärung des Unfallhergangs hat für die Polizei deshalb auch die Betreuung unmittelbar Betroffener jetzt höchste Priorität. Bis zum Wochenende standen Familienmitgliedern und Kollegen des verunglückten Polizisten fünf Helfer aus dem Kriseninterventionsteam (KIT) zur Seite. Neben vier eigens geschulten Polizisten gehörte dazu auch die evangelische Polizeiseelsorgerin Katja Vesting, die im Januar in ihr Amt eingeführt worden war.

Reden, zuhören und Trost spenden. Eine möglichst frühe Unterstützung, um das Erlebte zu verarbeiten, sorgt für eine erste Stabilisierung und soll auch helfen, mögliche Folgebeschwerden abzumildern oder zu verhindern. Dafür steht auch ein telefonischer Bereitschaftsdienst zur Verfügung, der Tag und Nacht erreicht werden kann.

„Der Tod eines Kollegen geht an keinem Beamten spurlos vorbei“, sagt Gerhard Packenius, der seit dreizehn Jahren als Landespolizeipfarrer der katholischen Kirche arbeitet und Einsätze wie solche am Donnerstag leitet. In dieser Woche wird es deshalb für unmittelbare Kollegen des Verunglückten eine Nachbetreuung geben. Wie jeder Einzelne mit einer solchen Belastung umgeht, ist aber sehr unterschiedlich. „Bis man so eine Situation selbst einmal durchleben musste, kann man nie wissen, wie man reagieren wird“, so Packenius. Bei manchen genügt ein Gespräch, andere benötigen eine längerfristige Betreuung. Ein schwer wiegendes Ereignis, wie der Tod eines Kollegen oder das eigene Erleben einer schweren Bedrohungsgefahr können bis hin zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen. Um solche, erst Wochen später diagnostizierbare, Erkrankungen angehen zu können, arbeitet die Polizei mit einer eigenen Psychiaterin zusammen. Auch die Trauerbegleitung von Angehörigen erfolgt durch unterstützendes Personal, meist durch Pfarrer.

"Polizisten sind Profis"

Dass eine eigene Polizeiseelsorge notwendig ist und nicht, wie im Falle des am Donnerstag verunglückten Motorradfahrers für Angehörige und Betroffene die Notfallseelsorge zuständig ist, erklärt Gerhard Packenius mit den besonderen beruflichen Herausforderungen von Polizisten. „Sie sind an sich im Kontakt mit Menschen oft schwierigen Problemstellungen wie häuslicher Gewalt ausgesetzt. Gerade als Waffenträger ist es für Polizisten wichtig, stabil zu sein und in Krisensituationen nicht die Nerven zu verlieren.“ An die Polizeiseelsorge können sich Beamte deshalb grundsätzlich mit allen Problemen wenden, die sie im Dienst beeinträchtigen könnten.

So belastend die Situation für Kollegen auch sein mag, daran, dass Polizisten nach dem Unfalltod ihres Kollegen vielleicht selbst Hemmungen haben, auf der Straße Verkehrskontrollen durchzuführen, glaubt Packenius nicht: „Die Polizisten sind Profis und werden ihre Arbeit auch weitermachen.“ Deshalb setzen die Hilfestellungen auch nicht bei sondern nach der Arbeit an. Und dann, wenn sich Polizisten mit ihren Gedanken allein fühlen. „Unsere Angebote sind immer freiwillig“, sagt Gerhard Packenius. Wichtig dabei ist vor allem Augenmaß, denn zu viel Hilfe anzubieten, wo sie gar nicht benötigt wird, kann mehr Schaden anrichten als nutzen, weiß Packenius. „Wenn jemand nicht betreut werden möchte, heißt das noch lang nicht, dass er gefühlskalt ist. Und umgekehrt ist jemand, der Hilfe von Außen in Anspruch nimmt auch kein Weichei.“ (mz)