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Erstes Wächter-Haus vor Start

Von Heidi Pohle 23.01.2007, 16:58

Halle/MZ. - Die Triftstraße 19 a muss einst ein schönes Jugendstil-Haus gewesen sein. Ornamente an der Fassade und ein Erker geben dem Betrachter eine Ahnung davon. Doch die guten Tage des 1908 erbauten Eckgebäudes direkt an der Lutherlinde sind lange vorbei. Seit reichlich zwei Jahren ist es unbewohnt und würde wohl nach und nach verfallen, wenn sich nicht eine ungewöhnliche Lösung abzeichnete: Das Haus soll das erste "Wächter"-Haus in Halle werden. Die Organisatoren, Mitglieder des im November 2006 gegründeten Vereins "HausHalten", bereiten alles vor, damit das Gebäude zum Ende des Jahres wieder bewohnt ist.

Dabei tritt der Verein als Mittler auf - zwischen dem Hausbesitzer, in diesem Fall der HWG, und den künftigen Nutzern. Vereine, Künstler, Studenten oder Existenzgründer sollen für fünf Jahre als "Haus-Wächter" einziehen. Statt Miete zu zahlen, so das Konzept, tragen sie sämtliche Neben- und Betriebskosten, renovieren die Innenräume. Und stoppen auf diese Weise den weiteren Verfall.

Weil das Haus mit neuen Fenstern und intaktem Dach noch in einem verhältnismäßig guten Zustand für eine unbewohnte Immobilie ist, wollen die Vereinsmitglieder gerade mit der Triftstraße 19 a beginnen. Wie Vorsitzende Daniela Ziervogel sagt, seien unter den Interessenten auch Existenzgründer, die einen Mietkoch-Service betreiben wollen, sowie zwei Vereine. Der eine kümmere sich um entlassene Häftlinge. Der andere, die Simson-Freunde, lege auf einen Werkstatt-Raum Wert. "Wir wollen soziales und künstlerisches Engagement unterstützen", so Daniela Ziervogel, die Architektur studiert. Deshalb würden "Wächter"-Häuser nicht an Privatleute gegeben, die nur preiswerten Wohnraum suchen.

Für die HWG als Besitzer ist ein "Wächter"-Haus ebenfalls von Vorteil, wie der Architekt Christian Zeigermann erklärt. Denn das Eckgebäude, gelegen zwischen Trift- und Brunnenstraße hat seit 2004 keinen Käufer gefunden. Vor allem deshalb, weil es zwischen zwei sehr belebten Straßen liegt. "Für uns ist das Projekt also eine gute Alternative zum Verkauf", sagt er.

Denn diese Übergangslösung verhindere, dass sich der Zustand des Hauses verschlechtert. Am liebsten wäre es ihm, wenn die Mieter, die ja Arbeit und Geld investieren, nach fünf Jahren das Haus mit den sechs Wohnungen und dem Laden im Erdgeschoss kaufen würden. Bis dahin will die HWG den künftigen Nutzern mit niedrigen Betriebskosten entgegenkommen und den Kaufpreis einfrieren. Zudem werde mit der Stadt nach Förder-Möglichkeiten gesucht. Schließlich soll sich das Projekt für die Nutzer lohnen.

Die HWG hat noch zwei weitere Häuser zur Verfügung gestellt: in der Niemeyerstraße 6 (Nähe Franckestraße) sowie in der Ludwig-Wucherer-Straße 24, wobei dort das Hinterhaus recht baufällig ist. Und es könnten noch mehr werden, sofern Interesse besteht. "Wenn unser erstes Haus in der Triftstraße fertig ist, wollen wir auch private Eigentümer ansprechen", so Daniela Ziervogel, "und es ihnen als Beispiel präsentieren."