Eisproduktion zu DDR-Zeiten Eisproduktion zu DDR-Zeiten: Vom Eismann von Halle-Neustadt zum Chronist der Eiswerker

Halle (Saale)/MZ - Der Sommer 1990 war eher verregnet. Kein Eiswetter. Dass in Halle-Neustadt just im Juni die Produktion der kühlen Köstlichkeit eingestellt werden musste, hatte dennoch andere Gründe. „Plötzlich wollten alle nur noch Schöller oder Langnese. So war das eben damals. Unser Eis wurde nicht mehr gekauft.“
Der das sagt, ist Herbert Viehmann. Er hat mit seinen Kollegen 16 Jahre lang Eis hergestellt. Er war Kocher im Bereich Speiseeisproduktion in der Neustädter Großbäckerei. Schoko, Vanille, Frucht oder Mokka hießen die Sorten, die dort hergestellt wurden, bis zu drei Tonnen pro Tag. „Zeitweise gab es auch mal Guave“, erinnert sich Viehmann. „Aber das lief nicht richtig.“ Den Aufbau der Großbäckerei im heutigen Gewerbegebiet Halle-Neustadt hat Viehmann 1971 noch als Bauhelfer mitgemacht. Ab Mai 1974 wurde dann Eis produziert.
Moskauer Eis hat nie geklappt
Um die ständig wachsende Stadt auch im großen Stil mit Eis zu versorgen, lieferte die Sowjetunion extra eine Anlage, die das berühmte Moskauer Eis - Sahneeis zwischen zwei pappigen Waffeln - voll automatisiert herstellen sollte. „Doch die Anlage hat nie richtig funktioniert“, sagt Viehmann. Nur Einzelteile ließen sich verwenden, so dass Viehmann und seine rund 25 Kollegen vieles noch in Handarbeit erledigen mussten. „Jeden Becher mussten wir einzeln bereitstellen, jeden Deckel einzeln verschließen.“
Die so tonnenweise produzierte Ware - es gab Becher in verschiedenen Größen, aber auch Assietten für größere Mengen - wurde an ein Kühlhaus in Trotha geliefert. „Von dort wurde es an die HO- und Konsum-Kaufhallen und -Läden in der ganzen Region geliefert“, so Herbert Viehmann.
Kollegen treffen sich noch heute
Heute ist Viehmann so etwas wie der Chronist der Eiswerker. Er hat sich die Brigadetagebücher „unter den Nagel gerissen“, wie er sagt. Penibel wurde hier aufgelistet, ob der Plan erfüllt wurde oder nicht, und wenn nicht, warum nicht. Auch viele Fotos aus der alten Zeit und aus den verlassenen Hallen der Großbäckerei von 1994 hat er. Seit ein paar Jahren treffen sich einige der damaligen Kollegen und tauschen Erinnerungen aus. „Da kommen die Brigadebücher natürlich gut an“, sagt Viehmann. Trotz 16 Jahren am Eiskochtopf isst er auch heute noch gern Eis. „Am liebsten Moskauer.“
Herbert Viehmann sucht noch ehemalige Kollegen aus der Eisproduktion. Sie können sich bei ihm melden: 0176/30 69 62 92.

