Dragqueen aus Halle Dragqueen aus Halle: Dustin von Spiegel lebt die Verwandlung

Halle (Saale) - In Halle gibt es vielleicht eine Handvoll Leute, die machen, was er macht, sagt Dustin von Spiegel. Er trägt ein kurzes schwarzes Kleid und hohe Schuhe, hat silberfarbenen Schmuck angelegt - eine Kette und lange Ohrringe. Die rosafarbenen Haare reichen ihm über die Schultern. Passend dazu hat er pinken Lippenstift aufgetragen. Seine Augenpartie ist dunkel geschminkt, im „Smokey Eyes“-Stil. Will man den Look des 21-Jährigen mit einem Wort beschreiben, so trifft es ein Begriff ganz gut: aufgedonnert.
Dragqueen zu sein ist eine Kunstform
Der junge Mann ist eine Dragqueen. Was bedeutet das für ihn? „Für mich ist das die Kunst, sich von einem Mann in eine Frau zu verwandeln.“ Eine Dragqueen zu sein, sei eine Kunstform und kein Fetisch. „Das hat nichts mit meiner Sexualität zu tun“, betont er. Auch wenn er gern in die Rolle einer Frau schlüpft, heißt das nicht, dass er tatsächlich eine Frau sein will.
„Ich will immer Mann bleiben“, stellt er klar. Das er schwul ist, daraus macht er auch kein Geheimnis. Er lebt zusammen mit seinem Freund im Saalekreis und macht aktuell eine Ausbildung zum Erzieher. „Mein Traumjob“, wie er sagt. Auf Arbeit ist er Dustin, unverkleidet. Er deutet auf sein Outfit und sagt: „Das ist privat.“
Schminkvideos und Kleiderkäufe: Dragqueen-Sein ist Übung
Vor zweieinhalb Jahren hat er damit begonnen. Jemand im Bekanntenkreis hatte sich als Frau verkleidet, als Gag. „Das fand ich cool.“ Zum Karneval hat er dann selbst Perücken aufgesetzt. Doch es dauerte, bis er sich traute, sich so zu verkleiden, wie er es mittlerweile tut. „Ich habe mich geziert.“
Zunächst habe er Freundinnen gefragt, ob sie ihn schminken können. Er lacht. „Wenn die nicht können, muss man es selber machen.“ Schminkvideos von anderen Dragqueens auf Youtube waren hilfreich, um die richtige Technik zu lernen. Wie sich die Wangenknochen hervorheben lassen und die Nase schmaler erscheint. In Erinnerung sind ihm auch die ersten Kleiderkäufe und die Verkäuferinnen, die ihn gefragt haben, wieso er denn Frauenkleider haben wolle?
Dragqueen aus Halle: „Ich bin keine gespaltene Persönlichkeit“
„Von wegen: Wie können sie nur?“, sagt er. Solche Erfahrungen haben sicher auch Anteil an seiner persönlichen Entwicklung. „Als Jugendlicher hatte ich ein Selbstwertproblem“, sagt Dustin von Spiegel.
Wenn er sich nun aber in eine Dragqueen verwandelt und ausgeht, lasse er sich mehr gehen, dann könne er offener tanzen und viel freier reden mit den Leuten. „Ich bin keine gespaltene Persönlichkeit“, betont er, „aber sobald ich mich schminke, ist Alice da.“
Größter Fan ist die Oma
Alice Petit um ganz genau zu sein. Und die ist inzwischen auch keine Unbekannte mehr. Im März nimmt Alice am „Drag Slam“ in Frankfurt am Main teil, einem Wettbewerb für Dragqueens. Mittlerweile dauert seine Verwandlung zwei bis drei Stunden. „Mein größter Fan ist, glaube ich, meine Oma“, sagt Dustin von Spiegel.
Seine Eltern würden auch zu ihm stehen. Anders als sein Bruder. „Zum ihm ist der Kontakt leider abgebrochen.“ Dustin von Spiegel geht es aber noch um mehr, als nur den eigenen Spaß am Verkleiden: „Jeder kann so sein wie er will, das will ich damit ausdrücken.“ (mz)