Prozess "Dr. Flak" Dr. Flak in Halle vor Gericht: Verstößt Augenarzt gegen das Kriegswaffengesetz?

Halle (Saale)/Quedlinburg - Als wäre im Schützengraben Inventur: Maschinengewehre, Flugabwehr, Bajonette, MP 40, AK 47 und Tausende Schuss Munition. Eine Viertelstunde dauert es allein, bis die Staatsanwaltschaft die Bestandteile des Waffenarsenals des Angeklagten vorgelesen hat. Vor dem Amtsgericht muss sich seit Dienstag ein Augenarzt aus Halle wegen Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz verantworten. Der Mann sei laut Verteidigung ein Sammler, hege eine Faszination für Kriegsgeschichte. Sein Eigen nennt er neben zahlreichen Waffen auch einen Militärjeep und Uniformen - das meiste stammt aus dem Zweiten Weltkrieg.
Bereits zweimal durchsuchten Zollfahnder das Haus des Angeklagten in Quedlinburg, seine Garage und die Praxis in Halle. Dabei beschlagnahmten sie 2008 unter anderem Sturmgewehre, Maschinenpistolen und ein Kilogramm Sprengstoff. In seiner Garage fanden Beamte eine Flugabwehrkanone (Flak) 38 Kaliber 20 Millimeter. Die waffenrechtliche Erlaubnis ist dem Arzt umgehend entzogen worden. Wegen Verstoßes gegen das Waffen- und das Kriegswaffenkontrollgesetz wurde er 2010 zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Doch er sammelte weiter.
2014 fanden ZollfahnderBajonette, Kalaschnikows und Maschinenpistolen
2014 fanden Zollfahnder bei einer zweiten Durchsuchung Bajonette, Kalaschnikows und Maschinenpistolen bei dem Angeklagten. Vor Gericht räumte der Augenarzt am Dienstag gleich zu Beginn den Besitz der aufgezählten illegalen Waffen, der Munition und der Einzelteile, ein. Illegale Kriegswaffen nach Deutschland eingeführt zu haben, bestritt er jedoch.
Der Angeklagte soll 2013 auf Ebay eine funktionstüchtige Flak-Verschlusskappe von einem Niederländer gekauft haben. Die Kappe fällt unter das Kriegswaffenkontrollgesetz, darf nicht in die Hände von Privatleuten und schon gar nicht über Grenzen hinweg gehandelt werden. Zollfahnder fanden 2014 zwei solcher Kappen im Haus des Arztes. Eine im Originalzustand, eine unbrauchbar. Nur die erste fällt unter das Kriegswaffenkontrollgesetz. Die Frage lautet: Welche von beiden hat der Arzt 2013 gekauft? Welche hat die deutsche Grenze passiert? Hat er für etwa 900 Euro Dekoration gekauft oder Kriegswaffen geschmuggelt?
Anwalt: Angeklagter hat das Interesse an illegalen Kriegswaffen verloren
Die Kappe, die der Angeklagte 2013 im Ausland kaufte, sei die unbrauchbare, die deshalb nicht als Kriegswaffe zähle, sagte sein Verteidiger vor Gericht. Er erklärte weiter, der Angeklagte habe schon 2008, nachdem bei der ersten Razzia etliche seiner „Sammlerstücke“ vom Zoll beschlagnahmt wurden, das Interesse an illegalen Kriegswaffen verloren. Dem Rest seiner alten Waffensammlung in seinem Haus in Quedlinburg habe er keine Beachtung mehr geschenkt, auch weil er kaum dort gewesen sei. In Quedlinburg wohnt die Frau des Sammlers, er selbst lebt in Halle. Weil der Augenarzt keinen Überblick über seine Waffen habe, habe er nicht gewusst, dass ein funktionstüchtiger Flak-Verschluss im Haus in Quedlinburg lag. Ein Zollbeamter berichtete vor Gericht von mehreren Waffenschränken, die im Haus aufgestellt waren. Überall seien Waffen verteilt gewesen.
Sollte ein funktionstüchtiger Verschluss gefunden worden sein, wäre der „mit Sicherheit beschlagnahmt worden“, so Sprecher Thomas Schür vom Zollfahndungsamt Hannover, das die Durchsuchungen leitete, gegenüber der MZ. Ist er aber nicht, behauptete die Verteidigung. Der Arzt habe lediglich „den großen Fehler gemacht, sich nach der ersten Durchsuchung nicht vollständig von allen illegalen Waffen und Teilen getrennt zu haben.“ Dem angeklagten Augenarzt drohen nun bis zu fünf Jahre Haft. Gegen ihn läuft noch ein Verfahren wegen gewerbsmäßigen Betruges. (mz)