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Didgeridoospieler Philipp Gerisch  Didgeridoospieler Philipp Gerisch : Elektromusik ohne Strom

Von Josephine Klüver 24.07.2016, 10:00
Philipp Gerisch spielt meist in der Leipziger Straße oder am Händeldenkmal Didgeridoo. Dabei sitzt er auf seiner Cajón.
Philipp Gerisch spielt meist in der Leipziger Straße oder am Händeldenkmal Didgeridoo. Dabei sitzt er auf seiner Cajón. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Rhythmische Klänge hallen über den Marktplatz. Der Straßenmusiker sitzt mit dem Rücken zum Händeldenkmal, von einer kleinen Menschengruppe umringt. Ein Junge tritt zögerlich aus dem Halbkreis und wirft eine Münze in den kleinen Eimer. In den eigensinnigen Rhythmus mischt sich ein „Dankeschön“; durch das Didgeridoo klingt es fremd und verzerrt. Ein Strahlen geht über das Gesicht des Jungen, während der Musiker konzentriert weiterspielt.

Wenn Philipp Gerisch Straßenmusik macht, ist sein ganzer Körper eingebunden. Mit dem Mund bläst er in das Didgeridoo, die Hände trommeln auf der Cajón (ein Trommelkasten), wenn er mit den Füßen stampft, runden die daran befestigten Schellenringe den Klang ab.

Sehr experimentell

Ihm selbst fällt es schwer, seine Musik in Worten zu beschreiben. „Ich arbeite sehr experimentell mit verschiedensten Einflüssen. Das Ganze ist eine Art elektronische Musik – bloß ohne Elektro.“ Einer traditionellen Spielweise des Didgeridoos steht Philipp skeptisch gegenüber. „Ich möchte nichts imitieren, wozu ich vom kulturellen Hintergrund her keinen Bezug habe.“

Bereits im Alter von zwölf ließ er sich von dem traditionell australischen Instrument begeistern. Als er nach längerem Drängen endlich ein Didgeridoo geschenkt bekam, dauerte es nicht lange, bis er sich mit einem kleinen Lernheft und einer Musik-CD autodidaktisch das Didgeridoo-Spielen beibrachte.

Zirkularatmung

„Anfangs hatte ich keine Ahnung, wie ich die für das Didgeridoo notwendige Zirkularatmung hinbekomme. Das war ziemlich frustrierend.“ Dennoch ließ sich Philipp nicht unterkriegen und ist heute nicht nur musikalisch ein Experte auf diesem Gebiet. Schon in der Schulzeit stellte er die Geduld seiner Mitschüler und Lehrer auf die Probe. „Jedes Mal, wenn ich zu einem frei wählbaren Thema etwas vorbereiten sollte, schrieb ich entweder über Didgeridoo, Aborigines oder Australien.“

Naheliegend, dass der aus dem Vogland stammende Gerisch nach der Schulzeit diesen Kontinent ein Jahr lang bereiste. Während er tags als Farmarbeiter seine Reise finanzierte, begann er des Nachts, mit seinem Didgeridoo und der Cajón auf den Straßen in Städten wie Perth, Fremantle und Brisbane seine Leidenschaft mit den Passanten zu teilen.

Portion Enthusiasmus

Neben den Berichten von der Reise erklärt Philipp dem interessierten Zuhörer auch ausführlich geschichtliche und technische Details des Didgeridoos. Eine große Portion Enthusiasmus legt er dabei an den Tag. Seit nun schon fünf Jahren lebt der Musiker in Halle und studiert medizinische Physik. Im Schnitt ein Mal pro Woche trifft man ihn in der Nähe des Marktplatzes an. Am liebsten spielt er vor der „Hunkemöller“-Filiale.

„Die Angestellten dort finden meine Musik gut. Ich frage meistens, ob es in Ordnung für sie ist, wenn ich vor dem Laden spiele und habe bisher immer nur positiven Zuspruch bekommen.“ Als Straßenmusiker ist er stark vom Wetter abhängig. Regen ist schlecht für die Instrumente, bei zu kalten Temperaturen können die Lippen aufplatzen, im Hochsommer sind oft weniger Menschen unterwegs. Zu einem Stundenlohn kann er keine genauen Angaben machen. „Die Einkünfte sind vollkommen unterschiedlich, ich muss mich jedes Mal überraschen lassen.“

Aus seinem Hobby einen Beruf zu machen, kann sich Philipp nicht vorstellen. „Wenn ich Musik hauptberuflich machen würde, wäre ich wegen des Geldes zum Spielen gezwungen. Ich hätte Angst, dass dabei der Spaß verloren ginge.“ Den größten Spaß hat er, wenn Kinder stehenbleiben und neugierig seiner Musik lauschen. „Ein einziges Kinderlachen reicht, damit sich eine Musiksession lohnt“, gibt Philipp Gerisch zu. (mz)

Weiterführende Informationen finden sich auf der Website der Künstlers: www.didsch.de