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Deutsche Küche in Halle (Saale): Krug zum grünen Kranze in der Talstraße

Von Ralf Böhme 19.12.2016, 13:30
An warmen Tagen ein besonders gefragter Platz: die Terrasse mit den Kastanienbäumen direkt am Saaleufer.
An warmen Tagen ein besonders gefragter Platz: die Terrasse mit den Kastanienbäumen direkt am Saaleufer. huk Lizenz

Halle (Saale) - Essen in besonders schöner Umgebung, das ist leider so, hat seinen Preis. Der Küchenchef macht daraus auch kein Geheimnis. Gleich am Eingang stimmt sein Tagestipp darauf ein. Wie sich später herausstellt, wirbt der Aufsteller mit der Kochmütze für das teuerste Gericht der ganzen Karte.

Das macht schon vor dem ersten Bissen klar: Der „Krug zum grünen Kranze“ in Halle versteht sich heute nicht als Billigheim. Hier, in einem der traditionsreichsten Gasthäuser der Stadt - Ersterwähnung im Jahre 1750 -, geht es um mehr: um Gemütlichkeit auf sehr gutem Niveau.

Blick auf die Burg Giebichstein: Im Sommer von der Terrasse des „Krug zum grünen Kranze“

Wer will bei sommerlicher Hitze im kühlen Restaurant bleiben? Kaum jemand. Das ist keine Überraschung, denn wozu gibt es die große Terrasse direkt an der Saale? Im Schatten 100-jähriger Kastanien weht ein erfrischendes Lüftchen. Wer dort jetzt einen Platz findet, gerät erst einmal ins Schwärmen. Denn diese Lage ist absolut einmalig.

Auf dem Fluss ziehen die Fahrgastschiffe vorbei, Boote steuern den hauseigenen Anlegeplatz an. Auf einem Felsen am gegenüberliegenden Ufer erhebt sich über alles und jeden die Burg Giebichenstein. Nichts deutet mehr auf die verheerenden Hochwasser der Jahre 2011 und 2013 hin. Statt dessen erzählen ältere Besucher vom „Krug zum grünen Kranze“ in den 1980er Jahren - damals war er Schauplatz für eine gleichnamige Volksmusik-Sendung des DDR-Fernsehens.

Ein kühles Bier im Garten des "Krug zum grünen Kranze" genießen

So ein Ausblick lässt die Uhren plötzlich anders ticken - langsamer, gemütlicher. Natürlich gilt das nicht für das Personal. Die Kellner, am frühen Nachmittag immerhin acht Frauen und Männer, flitzen. Kaum sitzen die Gäste, steht schon so ein hilfreicher Geist am Tisch und fragt nach dem Begehr. Dieser und jener Tipp erleichtert die Bestellung der Getränke.

Immerhin sind die Angebote, vor allem beim Bier, recht vielfältig. Neben verschiedenen Gerstensäften aus nah und fern ist auch Alkoholfreies - wichtig an Hitzetagen - reichlich im Angebot. Überschaubar sind dagegen die Wein-Offerten. Unverständlich, angesichts der wunderbaren Geschichte des gastlichen Hauses. Schließlich heißt es im Volkslied von Wilhelm Müller (1794-1827): „Im Krug zum grünen Kranze, da kehrt ich durstig ein, da saß ein Wandrer drinnen, am Tisch beim kühlen Wein.“

Schneller Service und leckere Apfelsaftschorle im „Krug zum grünen Kranze“

Hui, jetzt geht aber die Post ab! Weniger als drei Minuten dauert es nur, bis die exakt gefüllten Gläser auf dem Tisch stehen. Bei 35 Grad im Schatten schaut erst einmal niemand auf die Preise. Es zählt allein die Erfrischung. Trotzdem, der halbe Liter kühle Apfelschorle - die allerdings wirklich nach Apfel schmeckt - kostet erkleckliche 4,20 Euro. Geht es nicht etwas preiswerter?

Talstraße 37, 06120 Halle (Saale)

Telefon:  0345/  299 88 99

Netz: www.krugzumgruenenkranze.de

Nein, meint der Inhaber des Hauses und verweist in einem Schreiben an seine Gäste unter anderem auf die Einführung des Mindestlohns zu Jahresbeginn. Letztlich habe diese politische Entscheidung zu einer neuen Kalkulation gezwungen. Die gute Nachricht: Auf weitere Preiserhöhungen wollen die „Krug“-Gastronomen nun auf absehbare Zeit verzichten.

Für Weinfreunde: Müller-Thurgau vom Winzer aus der Region

Der Schoppen Weißwein erscheint später mit 5,90 Euro auf der Rechnung. Damit ist er jedoch keinesfalls der teuerste Rebensaft, der im Krug zu probieren ist. Aber warum muss ein Weinglas eigentlich auf einem Bierdeckel platziert werden? Doch nach dem ersten Schluck, ist derlei rasch vergessen. Dieser Müller-Thurgau dürfte auch verwöhnte Gaumen sehr zufrieden stellen. Damit braucht sich der Winzer aus Gröst, das ist eine winzige Ortschaft bei Freyburg (Burgenlandkreis), wahrlich nicht zu verstecken.

So nah am Wasser und dann nur ein Fischgericht auf der Speisekarte? Das darf schon ein wenig verwundern, wenn das Gasthaus so dicht am Fluss steht. Angler bestätigen längst, dass sich in der Saale inzwischen wieder gut 30 Fischarten tummeln. Auch wenn man seine Filets anderswo als aus der Saale beziehen mag, da ist garantiert mehr als „nur“ gebratener Zander möglich. Schon deshalb, damit der Küchenmeister nicht aus der Übung kommt. Wer als Hobby-Koch jemals Fisch zubereitet hat, weiß, dass es sich um ein anspruchsvolles Kapitel handelt.

Zanderfilet am Ufer der Saale in Halle

Der Test beginnt. Ist der Zander Spinat, so die Bestellung, sein Geld wirklich wert? 17,90 Euro - das liegt auf Ostsee-Niveau, vorderste Reihe, direkt an der Seebrücke. Dennoch ein erster Stern: Die Küche scheint wirklich gut vorbereitet zu sein. Nach 26 Minuten steht der Teller auf dem Tisch, zeitgleich mit Gericht für Gast Nummer zwei. Hübsch angerichtet sehen sie aus, die beiden nicht allzu großen Filetstücke.

Zweiter Stern: Der erste Eindruck stimmt. Kein Zipfelchen ist angebrannt. Und der Zander schwimmt glücklicherweise auch nicht im Fett. Dritter Stern: Das weiße Fleisch zergeht auf der Zunge. Auch geschmacklich ist das Ganze, weil leicht knusprig gebraten, überzeugend. Der vierte Stern geht während der Mahlzeit verloren. Der Grund: Grätenfrei ist weder das eine noch das andere Filetstück. Deshalb Vorsicht, vor allem wenn sich Kinder für dieses Gericht entscheiden sollten.

Bei den Desserts setzt das Team des „Krug zum grünen Kranze“ auf Tradition

Wie fällt das Urteil über das teuerste Essen aus? 22,90 Euro - dafür kann der Gast in die Pfifferlingssaison starten. Fünf schöne Exemplare, optimal zubereitet, garnieren ein schlankes Kalbsschnitzel. Dazu gibt es zwei zerschnittene Kartoffeln und eine halbe Tomate. Das sieht alles sehr gut aus und isst sich weg. Aber: Der Hunger bleibt womöglich. Die Größe der Portion dürfte nicht jeden überzeugen. Heranwachsende mit gesundem Appetit werden vermutlich einen Nachschlag verlangen. Nicht unbedingt noch einmal ein komplettes Essen. Aber ein Dessert darf es schon sein.

Und da geht das Krug-Team offensichtlich auf Nummer sicher. Bewährtes prägt die Karte: Panna Cotta, der Pudding-Klassiker aus Italien, oder die französische Crème Brûlée - oben knackig, unten sahnig - sind im Angebot. Dazu kommen verschiedene eisige Verlockungen. Mit 6,90 Euro ist man für einen Pfirsich-Eisbecher „Melba“ dabei oder mit 4,90 Euro für eine Eisschokolade. Kulinarische Wunder dürfen dafür aber nicht erwartet werden. Einzig und allein eine Kreation, die die Eismacher dem ehemaligen DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht zuschreiben, sorgt für Erstaunen und Heiterkeit. Ein wesentlicher Bestandteil: Eierlikör, wie ihn Oma so mag. (mz)

Weiterführende Informationen

Neuer Glanz nach dem Hochwasser 2013: Im „Krug zum grünen Kranze“ in der Talstraße kann man direkt am Saaleufer schlemmen.
Neuer Glanz nach dem Hochwasser 2013: Im „Krug zum grünen Kranze“ in der Talstraße kann man direkt am Saaleufer schlemmen.
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