Debütroman von Anna Sperk Debütroman von Anna Sperk: Hallenserin schreibt über "akademisches Prekariat"

Halle (Saale) - Wofür? Das scheint die quälende Frage einer halben Generation zu sein: Zumindest der knappen Hälfte jener einen Hälfte dieser Generation, die ein paar Jahre an einer Uni oder einer sonstigen Hochschule verbracht und sich dort nicht einem der Fächer mit klarer Berufsperspektive gewidmet hat: Sondern einem oder einigen jener „Orchideenfächer“, deren Nützlichkeit für die Studenten spätestens im Nachhinein dramatisch infrage gestellt wird.
Dieses inzwischen millionenfache „Wofür“ hat vor eineinhalb Jahren eine Hallenserin sehr eindrucksvoll artikuliert - in einem über 500-seitigen Wälzer, ihrem im hiesigen Mitteldeutschen Verlag unter dem Autoren-pseudonym Anna Sperk erschienen Debütroman „Die Hoffnungsvollen“. Und für den hat besagte Autorin nun eine Art Ritterschlag bekommen - in Form des Debütanten-Preises zu Sachsen-Anhalts bedeutendster Literatur-Auszeichnung, nämlich dem Klopstock-Preis.
Anna Sperk schreibt über als „akademisches Prekariat“ bezeichnete Großgruppe
Und wie bei derlei begehrten Auszeichnungen ja üblich, stellt sich auch hierzu eine Wofür-Frage - im Sinne von: Wofür genau hat es den Preis denn hier gegeben? Die Antwort fällt gerade in diesem Fall ebenso leicht wie sie auch auf der Hand liegt: Für die Relevanz dieses Buchs insbesondere!
Es geht nämlich um das Schicksal der inzwischen auch meist in ihrer Selbsteinschätzung als „akademisches Prekariat“ bezeichneten Großgruppe von Hochschulabsolventen: Leuten, die schlecht bezahlt, meist nur befristet angestellt oder per Projektvertrag verpflichtet worden sind. Ein Schicksal, das auch das der Autorin selbst war, denn sie is„akademisches Prekariat“t von Beruf Ethnologin und konnte in ihrem Fach aufgrund eines weit über den Bedarf hinausgehenden Studienplatz-Angebots keine ihrer (inzwischen noch per Promotion aufgewerteten) Qualifikation entsprechende Stelle finden.
Anna Sperk: „Literatur soll auch etwas bewirken.“
Ihr Roman darf also als ebenso authentisch wie exemplarisch gelten. Und zudem als mutig, widmet er sich doch geradezu einem Tabuthema, das im Mittelpunkt einer von partiellem Scheitern bedrohten Bildungs- und Hochschulpolitik steht. Und dessen Ausmaß schwer abzuschätzen sei - denn, so die Autorin: Wer einmal rausfalle aus dem Uni-Betrieb, aus dem Fach und damit aus dem potenziellen Beruf, der sei dann „nicht mehr sichtbar“.
So also lautet ihr bitteres Fazit der Situation, wie sie sie kennt - und beschrieben hat. Und derlei harten Situationen will sie sich auch in ihrer weiteren schriftstellerischen Arbeit sozialkritisch zuwenden. So in ihrem nächsten Buch, in dem es um eine junge, alleinerziehende und schizophrene Mutter gehen soll. Auf Schicksale wie dieses, wiederum exemplarisch geschilderte, will sie aufmerksam machen - getreu ihrer Devise: „Literatur soll auch etwas bewirken.“
››Anna Sperk, „Die Hoffnungsvollen“, Mitteldeutscher Verlag Halle, 544 Seiten, Preis: 19,95 Euro (mz)