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DDR-Bauten in Halle DDR-Bauten in Halle: Plattenbau als Denkmal?

Von MICHAEL FALGOWSKI 18.05.2013, 08:32
Kontraste, wie sie stärker nicht sein könnten finden sich in der Klausstraße. Neben einem Fachwerkhaus wurde ein Plattenbau gesetzt, allerdings nicht der typische, wie aus Neustadt oder aus der Silberhöhe bekannt.
Kontraste, wie sie stärker nicht sein könnten finden sich in der Klausstraße. Neben einem Fachwerkhaus wurde ein Plattenbau gesetzt, allerdings nicht der typische, wie aus Neustadt oder aus der Silberhöhe bekannt. Thomas Meinicke Lizenz

HALLE/MZ - Brunos Warte, Moritzzwinger, Alter Markt und Domplatz: In den 1980er Jahren wurden in Halles historischer Altstadt Plattenbauten gesetzt. Dafür sind ganze Straßenzüge alter Häuser geopfert worden, die die DDR verfallen ließ. Der Leerstand in der desolaten Innenstadt soll bei rund 30 Prozent gelegen haben. Mehr als 20 Jahre nach dem Mauerfall wird nun in Halle diskutiert, ob die Innenstadt-Platten reif für den Denkmalschutz sind. Die Hallesche Wohnungsgesellschaft (HWG) kann sich mit diesem Gedanken gar nicht anfreunden.

„Es besteht kein Grund zur Euphorie, aber uns ist mit diesen Inseln in einer zerfallenden Stadt seinerzeit etwas Gutes gelungen“, meint Wulf Brandstädter. Der damalige Stadtarchitekt hatte mit einem ganzem Team junger Architekten in Halle gezeigt, das bei aller Typisierung der Platte durchaus bauliche Vielfalt möglich war: abwechslungsreichere Fensterformen, Dachterrassen, Erker und schräge Dachflächen etwa - in verschiedener Ausprägung und Qualität. Das war neu.

Rund 30 Jahre später werden Halles Innenstadt-Neubauten nach und nach saniert. Und dabei verschwindet manche architektonische Besonderheit unter der glättenden Wärmedämmung. Je mehr verschwindet, desto lauter wird in Halle die Frage, ob diese Architektur, die in den letzten Jahren der DDR in Halle die industrielle Bauweise bis an ihre Grenzen ausreizte, nicht unter Denkmalschutz gestellt werden könnte. Oder sogar müsste.

Die Freunde der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt, ein Verein, für den DDR-Neubauten kein traditionelles Thema sind, hat sich dieser Frage angenommen. Architektin Kirsten Angermann aus Weimar kommt zu einem klaren Urteil: „Die Kriterien für ein Baudenkmal sind erfüllt.“ Angermann hat für ihre Diplomarbeit das Bauen in Halle in den 1980er Jahren fachlich untersucht. Sie meint, es handele sich dabei um eine abgeschlossene, beispielgebende Bauepoche. „Jugendstilhäuser waren auch einmal sehr modern.“

Denkmal oder nicht, das ist vor allem für die kommunale HWG als Eigentümerin der Neubauten von großer Bedeutung. Denn mit einem solchen Status dürfte man bei der Sanierung nicht mehr außen dämmen, weil so die typischen Platten-Fugen in der Fassade verschwinden. „Wir müssen aber dämmen. Das wird von uns verlangt. Es ist eine wirtschaftliche Frage: Eine Innendämmung ist kompliziert und teuer“, sagt Christian Zeigermann, HWG-Abteilungsleiter. Ohne Fördermittel ginge das nicht. Als kommunales Wohnungsunternehmen stelle man sich seiner Verantwortung für das Stadtbild. Man habe 2004 sogar einen Wettbewerb für Sanierungskonzepte ausgelobt. Die HWG hat 1 500 Wohnungen in der Altstadt, fast alle in den Plattenbauten. Diese seien ein großer Teil des noch nicht sanierten Wohnungsbestandes des Unternehmens, so Zeigermann. Der Anteil liege bei 35 Prozent.

Architekt Brandstädter kritisiert unterdessen, dass die HWG für die Sanierungen die seinerzeit Beteiligten nicht herangezogen habe. Auch, dass sich bisher niemand aus der städtischen Denkmalpflege zur Frage der Schutzwürdigkeit der halleschen Plattenbauten, positioniert hat, stößt ihm auf.

Hendrik Löhr vom Arbeitskreis Innenstadt, bereits seit Ende der 1980er Jahre mit der Rettung bedrohter wertvoller Häuser in Halle befasst, sieht die früher von ihm gehassten Neubauten heute mit anderen Augen: „Ich kann ihren eigenen Wert nachvollziehen. Vielleicht kann man ja wenigstens einige unter Schutz stellen“. Es dürfe aber nicht sein, dass die sanierten Häuser städtebaulich hinter dem originalen Zustand zurückblieben.

Bei der Sanierung wie hier am Schlossberg gehen Bauelemente verloren. Gemeint sind damit die Platten, aus denen die Gebäude zusammengesetzt sind.
Bei der Sanierung wie hier am Schlossberg gehen Bauelemente verloren. Gemeint sind damit die Platten, aus denen die Gebäude zusammengesetzt sind.
Thomas Meinicke Lizenz