Dauerwelle nicht mehr gefragt
HALLE/MZ. - Den Stammkunden zuliebe. Aber auch, weil sie gerade dort viele Jahre gearbeitet hat und ihr Handwerk nicht verlernen will. Am Dienstag nun ist es 50 Jahre her, dass die Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) "Ihr Friseur" gegründet wurde. Nach der Wende ging daraus die "Haarmoden" GmbH hervor.
Wie Margit Puchalla erzählt, hatten sich 1958 vier selbständige Meister mit ihren 17 Angestellten zusammengetan; die Zeiten waren nicht gerade rosig für das private Handwerk. Zudem gab es staatliche Zuschüsse, was die PGH-Gründung erleichterte. Die Geschäfte ließen sich gut an, so dass 1980 rund 160 Mitarbeiter in elf Salons arbeiteten. Die Feiern, vor allem zu runden Jahrestagen, waren dementsprechend vom Feinsten. "Meist hatten wir das für DDR-Verhältnisse noble Interhotel gemietet", so die Geschäftsführerin.
Margit Puchalla kennt die Firmengeschichte fast von Anfang an, ist sie doch die Dienstälteste im Unternehmen, hatte 1966 als Lehrling begonnen und sich bis zur Meisterin und Lehrausbilderin qualifiziert. 1990 erfolgte die Umgründung unter dem langjährigen PGH-Vorsitzenden Klaus Eckstein mit 117 Mitgliedern.
Geschäftsführerin
"Als er 1998 plötzlich starb, musste ich von heute auf morgen die Geschäfte übernehmen", erinnert sich die 59-Jährige, die mit Hannelore Stephan Gesellschafterin der "Haarmoden" GmbH ist. "Dabei hatte ich keinerlei Ahnung von Betriebswirtschaft." Das sei eine harte Zeit für sie gewesen, die sie ohne Hilfe, zum Beispiel von der Innung, nicht überstanden hätte. Derzeit gehören zum Unternehmen sieben Salons mit 32 Mitarbeitern, darunter vier Azubis.
In der Friseur-Branche hat sich in den vergangenen 50 Jahren viel verändert. Margit Puchalla kennt noch ofenbeheizte Salons und Handwagen, mit denen Ware aus dem Lager geholt wurde. Fast jede Frau trug damals Dauerwelle, und zur Jugendweihe machte so manches Mädchen mit der "Krause" erstmals Bekanntschaft - obwohl die Chemikalien auf der Kopfhaut oft wie Feuer brannten und einen unangenehmen Geruch verbreiteten.
Trotzdem sei der wöchentliche Friseurbesuch für viele Leute, Männer wie Frauen, normal gewesen - bei 1,50 Mark für einen Haarschnitt und 13 Mark für eine Dauerwelle durchaus eine erschwingliche Dienstleistung.
"Die Leute standen ja schon frühmorgens Schlange", erzählt sie, um unangemeldet drankommen zu können. Und die Kellnerinnen der benachbarten "Mitropa" hätten sich jeden Tag kämmen lassen. "Feste Termine gab es nur Wochen im Voraus; für Weihnachten wurden sie im September vergeben."
Das alles seien im Gegensatz zu heute Unterschiede wie Tag und Nacht. "Die meisten Kunden leisten sich nur noch selten, etwa vier bis fünfmal im Jahr, einen Friseurbesuch", so Margit Puchalla. Und Dauerwellen seien kaum noch gefragt, lediglich von älteren Kundinnen. "Heute kommt es viel mehr auf den perfekten Schnitt und modische Farbe an", erklärt die Geschäftsführerin, die sehr darauf achtet, dass ihre Mitarbeiterinnen stets die neuesten Trends und Schnitt-Techniken beherrschen.
Sie ist immer froh, wenn ein Jahr mit schwarzen Zahlen endet. Momentan laufe es nicht so gut. "Wir merken, dass die Leute ihr Geld zusammenhalten." Vom Weihnachtsgeschäft anderer Jahre sei wenig zu spüren gewesen, auch im Salon am Hauptbahnhof, der sich nicht mehr im Bahnhof, sondern in der Ladenzeile davor befindet.
Hinzu komme, erklärt sie, dass die Konkurrenz in Halle mit 226 Friseur-Unternehmen enorm groß sei. Ganz abgesehen von der Schwarzarbeit, die gerade in diesem Handwerk weit verbreitet ist. Trotz aller Sorgen werde das 50-jährige Jubiläum begangen, allerdings bescheiden: "Wir geben einen kleinen Empfang in der Verwaltung." Im Mai sei dann eine Tagesfahrt nach Dresden oder Potsdam geplant.