Couragiert gegen Mann mit Messer

Halle/MZ/jab. - Das angegraute Haar grenzt an Halbglatze, darunter ein schmales Gesicht mit Schnauzer und ein hagerer, leicht gekrümmter Körper: Olaf Lochmann sieht nicht unbedingt wie ein Held aus. Und doch hat der 39-jährige Straßenbahnfahrer der Havag einer Frau wohl das Leben gerettet.

Bis 17 Uhr war der 6. Juli ein gewöhnlicher Tag - stressfrei und ruhig, wie Olaf Lochmann es mag. Doch dann fuhr er mit der Linie 2 die Haltestelle Moskauer Straße an. "Ich bemerkte eine Frau in der Ecke des Wartehäuschens. Dicht ihr zugewandt stand ein bärtiger Mann", erinnert sich der Bahnfahrer. Irgendwie sei ihm diese Situation seltsam vorgekommen. Als er ausstieg um nachzusehen, bemerkte er den Grund für den Schrecken in ihrem Gesicht: In der Hand des Mannes blitzte ein Messer.

Erste Aufforderungen, die Frau freizugeben, waren vergebens. Erst als ein junger Fahrgast hinzukam, floh der Bärtige. "Die entnervte und zitternde Frau nahm ich mit und fuhr schnell weiter", erzählt der couragierte Fahrer. "Unterwegs gab ich die Personenbeschreibung des Täters an die Leitstelle weiter."

Hauptaufgabe bleibt freilich die Konzentration auf den Verkehr. "Die Fahrgäste legen uns ja quasi ihr Leben in die Hände", sagt der Vater zweier Töchter, der seit zwölf Jahren bei der Havag ist. Das predige er auch dem Havag-Nachwuchs, den er seit fünf Jahren als Lehrfahrer auf die Eigenheiten der Strecken und die Besonderheiten der Fahrzeugtypen hinweist.

Dem Hang zur Schiene, den der harmoniebedürftige Straßenbahnlenker seit seiner Dreher-Lehre bei der damaligen Reichsbahn spürt, will er treu bleiben. Nur einen Wunsch hat Olaf Lochmann: dass er möglichst keine Heldenrollen mehr übernehmen muss.