Cocktails durchs Fenster Cocktails durchs Fenster: Mojito, Mai Thai und Pina Colada auch während Corona

Halle (Saale) - Die deutschen Brauereien stecken wegen des Coronavirus tief in der Krise. Um 40 Prozent soll der Absatz zurückgegangen sein. Kein Wunder: Kneipen haben zu und zu Hause trinkt es sich nicht halb so gut wie in Gesellschaft. Noch schlimmer trifft es Cocktail-Liebhaber. Denn wer mixt sich schon daheim eine Pina Colada?
In Halle muss das trotz der Corona-Pandemie auch niemand mehr. Denn die Geschäftsführerin der mexikanischen Bar „Enchilada“ am Uniring, Johanna Gutsche, bietet in ihrem Laden einen Cocktail-to-go-Service an - durchs vergitterte Fenster. Der zieht inzwischen sogar Kunden aus dem Saalekreis an.
„Einfach mal etwas auszuprobieren.“
Doch die Idee wurde aus der Not heraus geboren, erzählt die Geschäftsfrau, die auch das benachbarte Restaurant „Burgerheart“ führt. „Als im März die Information kam, dass die Gastronomie schließen muss, mussten wir in nur zwei Stunden alles zumachen.“ Die Kühlschränke seien noch voll gewesen. Um nicht alles wegschmeißen zu müssen, bemühte sich Gutsche, die Lebensmittel zu spenden oder gab sie Mitarbeitern mit. In der ersten Woche des Lockdowns dachte auch sie nicht an einen Weg, weiter Cocktails zu verkaufen.
„Aber als der erste April näher kam, dachten wir uns, dass als Neuanfang zu begreifen und einfach mal etwas auszuprobieren.“ Im „Burgerheart“ richtete sie sofort einen Abhol- und Lieferservice ein, im „Enchilada“ folgte dieser eine Woche später.
„Enchilada“ befindet sich in einer alten Bank
Kunden treten ans Fenster heran, das einen nötigen Sicherheitsabstand schon allein wegen der Bauart der Bar sicherstellt. Das „Enchilada“ befindet sich in einer alten Bank, die Fenster sind noch vergittert. Auf einer Karte sind alle verfügbaren Cocktails aufgeführt, die gängigsten mit Gin, Wodka, Rum und ohne Alkohol sind dabei. „Aber durch die neue Situation haben unsere Kunden auch einen großen Vorteil. Eigene Kreationen sind viel einfacher möglich als im normalen Betrieb“, sagt Gutsche.
Während in der Bar während der Happy Hour oft kaum Zeit bleibe für eigene Cocktailkreationen, könnten Gäste und Barkeeper nun richtig experimentieren. „Hinzu kommt, dass die Kunden derzeit viel verständnisvoller, geduldiger und offener sind. Außerdem geben sie mehr Trinkgeld. Sie sind unheimlich spendabel“, sagt die 34-Jährige.
Cocktail-am-Fenster-Service
Der Cocktail-am-Fenster-Service ist inzwischen so beliebt, dass sogar Kunden aus Merseburg kürzlich hier bestellt hätten. „Ich glaube, viele sind dankbar, dass es damit ein kleines Stück Normalität gibt.“ Eine Flasche Bier könne man sich zwar auch zu Hause öffnen, aber einen Cocktail nur schwer mixen. Übrigens liefert das „Enchilada“ auch Drinks nach Hause. Den Mindestbestellwert von 15 Euro erreicht man schon mit drei gewöhnlichen Cocktails, die fünf Euro kosten. Reich werde man mit diesem Preis, der eigentlich in der Happy Hour gilt, nicht, gesteht Gutsche.
Aber es kompensiere den Verlust und diene dazu, im Gespräch zu bleiben - enorm wichtig für Gastronomen. Hinterm Fenster stehen übrigens die Kellner, die sonst drinnen die Gäste bedienen.Natürlich gebe es bei vielen Angestellten, die jetzt in Kurzarbeit sind, den Wunsch, im Verkauf zu arbeiten. Für den Männertag hat sich das „Enchilada“ auch schon etwas Besonderes ausgedacht. Dann soll es eine Grillstation mit frischen Spare-Ribs und Würstchen für die umherziehenden Männer und Frauen geben. Nicht gerade mexikanisch, gesteht Gutsche, aber in so besonderen Zeiten dürfe man gerne eine Ausnahme machen. (mz)