Chöre in Halle Chöre in Halle: Folklorechor als Deckname
Torstraße/MZ. - Zwischen Folklore und Volksmusik gibt es einen großen Unterschied. Dies klarzustellen, liegt dem Vereinsvorsitzenden des Folklorechor Halle 1981 e.V., Clemens Weidner, und Chorleiterin Kornelia Mitzkus am Herzen. Daher sei ihr Ensemble auch kein bunter Trachtenverein, der volkstümliche Hits auf die Bühne bringt. Statt dessen gehören zum Repertoire der gegenwärtig 18 Mitglieder traditionelle Volkslieder und klassische Werke verschiedener Epochen.
"Brahms, Mozart, Schumann, Händel, Telemann", zählt Frau Mitzkus auf. "Aber auch Neueres, von Leo Hassler zum Beispiel, oder Lieder in Ungarisch, Italienisch, Latein, Schwedisch, Französisch." Die Klavierlehrerin achtet auf Vielseitigkeit. Ständig sucht sie nach Neuem, zumal sie neben dem Folklorechor, der im Torgymnasium probt, drei weitere Chöre betreut.
Folklore ist indes ein dehnbarer Begriff und "Folklorechor" eigentlich auch nur ein Deckname. Ein Deckname? "Halles Kulturobere wollten 1981 im Vorfeld des Aufbaus der Silberhöhe im Süden der Stadt einen neuen Chor etablieren. Als Pate und Finanzier war die Metallaufbearbeitung Radewell vorgesehen", erzählt Vereinschef Weidner. Ein solcher "Metallarbeiterchor" hätte sicher das entsprechende Kampflieder-Repertoire gehabt, danach stand den 20 Gründungsmitgliedern aber nicht der Sinn. So sei der Name "Folklorechor Halle/ Süd" entstanden.
1982 übernahm Kornelia Mitzkus dessen Leitung. Bis heute gilt der Grundsatz: "Wir singen auch für drei Leute, denn jeder der kommt, hat ein Recht, uns zu hören", sagt sie. Selbst zum Chorjubiläum im vergangenen Jahr entpuppte sich dieses Credo als Erfolgskonzept. Die Hallenser, die zum 20-Jährigen in der Jugendherberge Meisdorf am Harz ein Chorlager abhielten, überspielten so beim Jubiläumssingen auf der Burg Falkenstein eine organisatorische Panne.
"Das Museum hatte uns versprochen, Werbung für unseren Auftritt zu machen", berichtet Weidner. Doch als der Chor anrückte, habe es weit und breit keine Werbung gegeben. Da habe sich die Truppe einfach im Königszimmer aufgestellt und drauflosgesungen. So hätten sich dann doch noch zahlreiche Zuhörer versammelt.
Episoden wie diese könnten Weidner und Mitzkus noch viele erzählen. So zum Beispiel aus dem Jahr 1989. Damals begann in der DDR die friedliche Revolution. Unter anderem Engpässe bei der Versorgung und in anderen Bereichen führten dazu. Damit hatten auch die Hallenser zu kämpfen: So ließ sich beispielsweise für einen Chortreff auf dem Petersberg kein Saal finden. Kurzum sprang der Pfarrer in die Bresche und bot dem Chor die Kirche als Auftrittsort an. Auch die Verpflegungsfrage wurde durch Improvisation gelöst - die Chormitglieder brachten Getränke und den Imbiss selbst mit.
Heute gibt es andere Sorgen, wie zum Beispiel die Finanzierung oder Verwertungsrechte. Doch der Folklorechor lässt sich nicht unterkriegen, probt jeden Dienstag 18.45 Uhr im Torgymnasium, tritt in Altenheimen, Kirchen und auf Festen auf. In den nächsten Wochen und Monaten bereitet sich das Ensemble auf das Frühlingssingen in Bad Lauchstädt und das Sängerfest in Merseburg vor. "Hoffentlich wird keiner der drei Männer krank", sagt Weidner. Denn schon jetzt übernähmen drei Frauen Männerstimmen, um den Auftritt als gemischter Chor zu ermöglichen.
"Nachwuchs können wir gut gebrauchen. Vor allem Männer", sagt Weidner. Interessenten können sich telefonisch beim Vereinsvorsitzenden unter 0345 / 444 55 08 melden.
Nächste Folge: der Jugendchor Halle.