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Bundestagswahl Bundestagswahl: Diaby will Halle im positiven Licht zeigen

Von Felix Knothe 11.09.2013, 20:10
An der Uni hat Karamba Diabys hallesche Lebensphase begonnen. Jetzt will er für die Stadt in den Bundestag.
An der Uni hat Karamba Diabys hallesche Lebensphase begonnen. Jetzt will er für die Stadt in den Bundestag. Günter Bauer Lizenz

Halle/Kabelsketal/MZ - Vielleicht kann man nirgends besser ergründen, was den Hallenser bewegt, als in seinem Kleingarten. Von hier aus lässt sich trefflich über Nachbarn herziehen, über Berlin murren und die Weltlage beurteilen. Ein Besuch bei den Kleingärtnern der Stadt ist für den Wahlkämpfer Karamba Diaby von der SPD daher nicht nur die Rückkehr zu den Wurzeln seines eigenen politischen Kapitals. Die Kleingärten sind für Diaby auch Orte authentischer Kommunikation: „Das sind Leute wie Du und ich. Ich möchte wissen, welche Themen die Menschen bewegen. Ich will so viel Kontakt haben wie möglich“, sagt der 51-Jährige, der zum ersten Mal in den Bundestag einziehen will.

Die Geschichte, wie Diaby als Doktorand Anfang der Neunzigerjahre nachwies, dass die Böden der halleschen Kleingärten in Ordnung und nicht verseucht waren und die Vereine so vor Immobilienspekulanten rettete, gehört zum Grundgerüst seiner Kandidatur. Dutzende solcher Laube-zu-Laube-Termine hat Diaby in den letzten Wochen daher absolviert, natürlich neben all den anderen üblichen Wahlkampfterminen.

Karamba Diaby wurde 1961 in Marsassoum, einem Dorf im südlichen Senegal geboren. Sein Vorname, der eigentlich auf dem letzten „a“ betont wird, ist eine Kurzform für Karamokhoba, was auf Mandingo „der Gelehrte“ bedeutet, wie Diaby sagt. „Aber davon habe ich nichts abbekommen“, scherzt er. Nachdem er von 1982 bis 1984 an der Universität Dakar studiert hatte, kam er 1985 in die DDR. Seit 1986 lebt er in Halle, hat hier in Chemie diplomiert und promoviert. Seit 1996 leitete er diverse Integrationsprojekte bei verschiedenen Bildungsträgern. Seit Ende 2011 ist er Referent im Sozialministerium, ebenfalls zuständig für Integration. Diaby hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft, ist konfessionslos, verheiratet und hat zwei Kinder. Zu seinen Hobbys zählt er Radfahren und Lesen. Einen Kleingarten hat er nicht - keine Zeit. (xkn)

Ortstermin an einem Sonnabend Ende August in der Anlage „Zur Erholung“ in Gröbers. Diaby ist unterwegs mit der örtlichen SPD – und sofort drin. „Er öffnet die Herzen“, nennt das Anfried Menzel vom Kabelsketaler SPD-Ortsverein. Doch aus offenen Herzen fließen in Halles Kleingärten vor allem Klagen. Von einem älteren Ehepaar kommt der Satz, den Diaby oft hört: „Da werden Sie auch nichts ändern können.“ - „Als einzelner natürlich nicht“, sagt dann Diaby immer, ob auf der Straße, auf Foren oder über den Gartenzaun hinweg. „Aber wenn viele das ansprechen, und wenn dann viele Abgeordnete diese Themen nach Berlin mitnehmen, macht das schon einen Sinn. Ich möchte die Themen der Leute in die politischen Entscheidungen einbringen.“ Diaby nutzt den Bonus des politischen Neulings und gleichzeitig verkauft er das Programm seiner Partei: „Die Menschen sprechen die Dinge an, die auch wir in unserem Programm thematisieren – sichere Arbeit, Rente, Bildung, Infrastruktur, die Zukunft der Hochschulen. Wir liegen nicht daneben.“

Die Hartz-Reformen, die der SPD viel Kritik eingebracht haben, sieht Diaby ambivalent: „Die Agenda 2010 war eine notwendige und mutige politische Entscheidung. Doch beispielsweise den Mindestlohn nicht gleichzeitig durchgesetzt zu haben, war ein Fehler.“ Seine zentrale Forderung für das Bildungssystem ist die Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern, das Bildungsinvestitionen des Bundes weitgehend verhindert. „Das wäre eine historische Entscheidung, damit über Bildung nicht immer nur vom Finanzdefizit her diskutiert wird.“

Diaby, der es als erster gebürtiger Afrikaner in den Bundestag schaffen kann, ist natürlich auch eine Medienfigur, über die auch die New York Times berichtet, die Zeitungen im Senegal sowieso. Auch an jenem Nachmittag in Gröbers will ihm ein Team von Dokumentarfilmern über die Schulter schauen.

Karamba Diaby ist das Interesse aber gelegentlich auch etwas unangenehm. Er bittet den Kameramann, auf Abstand zu bleiben. „Sonst können sich die Leute nicht öffnen und wir keine guten Gespräche führen.“ Doch die Aufmerksamkeit der Medien hat auch etwas Gutes, meint er: „So kann ich ein Botschafter für Halle sein, damit die Stadt wahrgenommen wird als das, was sie ist: eine positive, internationale Stadt.“