1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Brückenspringen beim Laternenfest: Brückenspringen beim Laternenfest: Spektakel mit Mission

Brückenspringen beim Laternenfest Brückenspringen beim Laternenfest: Spektakel mit Mission

26.08.2016, 14:00
Andreas Wels vor der idyllischen Kulisse der Giebichensteinbrücke.
Andreas Wels vor der idyllischen Kulisse der Giebichensteinbrücke. Holger John

Halle (Saale) - Andreas Wels blickt kurz auf die Saale, dann verkündet er grinsend sein Urteil: „Besser als in Rio“. Gemeint ist die Wasserqualität, die nach Ansicht des halleschen Olympiasiegers von 2004 die des Sprungbeckens bei den Spielen in Rio deutlich übertrifft. Dort sorgten Algen für einen Farbwechsel von Blau auf Grün. In grünliches, dafür aber natürliches Wasser wird auch Wels eintauchen, wenn er sich am Sonntag (13.30 Uhr) beim ersten Brückenspringen von der Giebichensteinbrücke stürzt.

Elf Kollegen, Show- und frühere Leistungsspringer, werden ihm in die Tiefe folgen. Ohne Leistungsdruck. Für den 41-Jährigen geht es bei der von ihm organisierten Veranstaltung um Unterhaltung und Hintergrundwissen, das er als Co-Moderator selbst verbreiten möchte. „Es geht nicht wie etwa beim Red-Bull Cliff Diving um Effekthascherei, sondern um Historie. Schließlich steht die Wiege des Wasserspringens in Halle“, betont Wels. Die Halloren seien hier nicht nur einfach von der Brücke gesprungen, sondern hätten Wettkämpfe ausgetragen. Sie entwickelten einen Wertungskatalog und fanden Juroren, die die Darbietungen vom Ufer aus benoteten. „Durch Aufgreifen der damaligen Sprünge entwickelte sich das Wasserspringen“, erklärte der frühere Weltklasse-Athlet, der heute als Sport- und Deutschlehrer an der Sportschule Halle unterrichtet.

Historische Sprünge

Wie die historischen Sprünge aussahen, davon können sich die Zuschauer am Sonntag selbst ein Bild machen. Das knapp 30-minütige Programm sei eine Mischung aus historischen und Showsprüngen, erklärt Wels, der die Veranstaltung selbst mit einem altdeutschen Bücksprung eröffnen wird. „Dabei springt man mit Blick zum Wasser ab und hält dann im Flug eine ganz enge Hechte.“ Allgemein habe es bei den alten Sprüngen weniger Drehungen, dafür aber mehr Figuren. Die waren wohl nicht immer schmerzfrei. Der „Totenschlag“, der am Sonntag ebenfalls auf dem Programm steht, dürfte seinen Namen nicht von Ungefähr erhalten haben, schließlich muss der Sportler dabei rücklings wie ein Brett die Wasseroberfläche durchschlagen. Ansonsten geht es am Sonntag aber mit den Füßen zuerst in die Saale. Das ist eine von mehreren Sicherheitsvorkehrungen, die Wels getroffen hat. So wurde bereits am Montag die Wassertiefe auf amtliche 5,56 Meter vermessen: „Wir brauchen mindestens vier Meter“, erklärt der Organisator. Ob die vorhanden sind, wird unmittelbar vor dem Brückenspringen nochmals ausgelotet.

Dann suchen auch Taucher die Einsprungzone nach etwaigen Hindernissen ab. Zudem wird kurz vor der Brücke ein Netz gespannt: „Damit dort keine Bierflaschen, Holzstücke oder Einkaufswagen angespült werden“, sagt Wels.

Zehn Meter Sprunghöhe

Für den Hallenser sind die zehn Meter Sprunghöhe, die sich zwischen dem mittels einer über das Geländer hinausragende Hebebühne improvisierten Absprungbereich und dem Wasser ergeben, eigentlich ungewohnt hoch. Seine größten Erfolge feierte Wels als Brettspringer, also aus respektive drei Metern: „Aber ich bin bis zum Juniorenalter auch vom Turm gesprungen und auch im Training sind wir da öfter runter.“

Apropos da runter. Auch der Sprung von der Giebichensteinbrücke ist für Wels keine Premiere: „Ich stand 2003 mit Freunden hier oben und habe gesagt, wenn ich bei den Spielen in Athen eine Medaille hole, springe ich darunter.“ Ein Jahr später kehrte er tatsächlich mit Silber aus Griechenland zurück. Er selbst hatte seine vollmundige Ankündigung da zwar schon vergessen, doch das Gedächtnis seiner Freunde war besser, so dass sich Wels eines Sommerabends über das Geländer stürzte.

Von Nachahmung rät Wels dringend ab, zumindest was den Brückensprung angeht. Generell wünscht er sich von der Aktion jedoch einen Werbeeffekt: „Es geht darum, das Wasserspringen in den Fokus zu rücken.“ Aus diesem Grund hatte der Springverantwortliche im Landesschwimmverband bereits im Juni das Promispringen im Nordbad organisiert: „Wir wollen Kinder und Jugendliche für den freien Fall, das Adrenalin und die Perfektion begeistern.“ Mit mehr Nachwuchs soll Halle zukünftig wieder an seine erfolgreiche Sprunghistorie anknüpfen. (mz)