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Blick ins Quarantäne-Hotel Blick ins Quarantäne-Hotel: Puppentheater Halle startet mit skurrilen Charakteren

Von Katja Pausch 28.09.2020, 07:24
Ein Stück für Puppen vor Menschen hinter Masken - heißt es im Untertitel.
Ein Stück für Puppen vor Menschen hinter Masken - heißt es im Untertitel. Silvio Kison

Halle (Saale) - Über Monate waren auch Halles Puppenspieler aus pandemischen Gründen quasi ins künstlerische Exil - sprich: ins Homeoffice - gezwungen: Als im März coronabedingt der Lockdown ausgerufen wurde, blieben nicht nur die Schauspieler der Bühnen Halle und damit auch des halleschen Puppentheaters zu Hause, sondern auch die Puppen im Fundus.

Doch lange hielten es die einen ohne die anderen nicht aus, und so hatte jeder der Puppenspieler schon bald seinen Schützling bei sich zu Hause aufgenommen. Daheim angekommen, eroberten die Puppen das Zuhause ihrer Menschen, und innerhalb kürzester Zeit entstanden aus dieser Mensch-Puppe-„Zusammenarbeit“ neue, teils skurrile Charaktere und Geschichten, die ob des fehlenden Publikums statt im Theatersaal in den sozialen Medien unter dem Hashtag #theaterzuhause ihre Liebhaber fanden.

Ob Coco Chanel oder der „hässliche Herbert“

Ob Coco Chanel oder der „hässliche Herbert“, ob Carsten König, dessen Puppenvater Nils Dreschke ihn Gute-Nacht-Geschichten erzählen ließ, oder die namenlose Klappmaulpuppe des Spielers Sebastian Fortak, der die Idee der Reihe „Puppen in Quarantäne“ überhaupt erst hatte - sie alle wurden in der Zeit des Lockdowns zu treuen Gefährten für ihre Spieler und für die Zuschauer zu guten Freunden, deren Geschichten man mit Spannung erwartete - wenn auch nur digital.

Nun aber, da Publikum wieder ins Theater darf, gibt’s wie von Puppentheater-Chef Christoph Werner damals versprochen, ein Wiedersehen mit Puppenspielern und Puppen „in echt“ - unter dem Dach des Thalia. Dort feiert jetzt das Stück „Du musst dein Leben ändern!“ Premiere - mit eben jenen Charakteren, die nun in einem seltsamen Hotel Einzelzimmer bezogen und in der Quarantäne unfreiwillig viel Zeit zum Nachdenken haben. Nachdenken über ihr Leben und darüber, was man eigentlich wollte.

Stück spinnt aus Fäden von Einzelschicksalen ein Netz

Der „hässliche Herbert“ zum Beispiel, der seinen Hass soweit treibt, sich mit einer Bombe in die Luft zu sprengen. Herr Holzer dagegen glaubt, er führe ein falsches Leben, während Lisa Rademann davon träumt, als Schauspielerin glücklich zu werden. Und dann ist da, Teufel noch mal, Frau Ott ...

„Das Stück spinnt aus Fäden von Einzelschicksalen ein Netz, um den Sinn des Daseins einzufangen“, sagt „Puppe“-Chef Christoph Werner, aus dessen Feder das Stück stammt, verwoben mit Texten von Ingrid Lausund, Xavier de Maistre und Vladimir Nabokov. Und natürlich haben die Mitglieder des Ensembles das Stück maßgeblich mitentwickelt.

„Bitte nicht abschrecken lassen, ins Theater zu gehen“

Ein Hingucker in der Aufführung für „Puppen vor Menschen hinter Masken“ - so der Untertitel - ist indes nicht nur das puppenhausartige Bühnenbild (Angela Baumgart), sondern auch der Auftritt eines drei Meter langen Alphorns (Musik: Gundolf Nandico). Nun hoffen Werner und sein Team für diese Uraufführung, für dessen Dramaturgie Ralf Meyer verantwortlich zeichnet, auf recht viele Zuschauer, die sich von der Pandemie „bitte nicht abschrecken lassen sollten, ins Theater zu gehen“, so Werner.

Denn nicht nur die Spieler und ihre Puppen haben die monatelange Theaterpause kreativ genutzt, sondern auch die Mitarbeiter der Theaterwerkstatt: Dort wurden halbrunde, abstandswahrende Séparées für je zwei Zuschauer gebaut - inklusive Klapptisch für das obligatorische Theatergetränk, das nicht einmal selbst geholt werden muss, sondern per Servierwagen zum Platz gebracht wird.

››Premiere ausverkauft, noch Karten für 2. Oktober, 20 Uhr, sowie 10. und 11. Oktober, weitere Termine im November

Theaterbesuch in Zeiten der Pandemie

Damit ein Theaterbesuch in Pandemiezeiten reibungslos verläuft, haben die Bühnen Halle ein Konzept mit umfangreichen Schutz- und Hygienemaßnahmen entwickelt. So sind die Bühnen als Veranstalter derzeit verpflichtet, im Verdachtsfall die Nachverfolgung der Infektionskette sicherzustellen. Daher ist der Einlass zu Veranstaltungen nur mit ausgefülltem Besucherfragebogen möglich, der vom Veranstalter bis drei Wochen nach Vorstellungsbesuch vorgehalten werden muss. Danach werden diese entsprechend der Datenschutzrichtlinien vernichtet. Besucher, die am Tag der Vorstellung über Krankheitssymptome wie Fieber, Husten oder Halsschmerzen klagen, dürfen die Vorstellung nicht besuchen. Um die Sicherheitsabstände einhalten zu können, ist die Sitzplatzkapazität reduziert. In allen Theatersälen ist eine ausreichende Frischluftzufuhr gesichert. Die raumlufttechnischen Anlagen entsprechen dem aktuellen Stand der Technik und werden regelmäßig geprüft. (mz)

Sechs Zimmer und ihre Bewohner: Das Stück „Du musst dein Leben ändern!“ gewährt einen Blick ins Quarantäne-Hotel - und in Lebensläufe.
Sechs Zimmer und ihre Bewohner: Das Stück „Du musst dein Leben ändern!“ gewährt einen Blick ins Quarantäne-Hotel - und in Lebensläufe.
Silvio Kison
In den eigens fürs Puppentheater gebauten Zuschauer-Séparées haben in einer Probenpause ausnahmsweise die Spieler und ihre Puppen Platz genommen.
In den eigens fürs Puppentheater gebauten Zuschauer-Séparées haben in einer Probenpause ausnahmsweise die Spieler und ihre Puppen Platz genommen.
Silvio Kison