Bilanz nach dem großen Abschlusskonzert Bilanz nach dem großen Abschlusskonzert : Das waren die Händelfestspiele 2015 in Halle

Halle (Saale) - Letzter Tusch, letzter Applaus, letzter Böller beim traditionellen Feuerwerk des Abschlusskonzerts - und das war’s mal wieder! Die Händelfestspiele sind vorüber. The same procedure - wie jedes Jahr? Nein, denn der Veranstalter hat in der vorläufigen Bilanz gestern schon mal Festival-Rekord vermeldet. Und auch sonst war vieles anders als bisher, denn eine kleine Händel-Revolution war den gestern Nacht zu Ende gegangenen Festspielen vorausgegangen. Und - so viel kann man vor einem detaillierten inhaltlichen Resümee, das noch zu ziehen sein wird - schon sagen: Vieles war besser, wenn auch einiges künftig noch besser werden muss.
Bessere Nachfrage und höhere Auslastung in Hotels
Schwer zu toppen sein wird aber jener Besucherrekord, den der Veranstalter schon gestern vermeldet hat: 51.000 Besucher (entspricht mehr als drei mal volles Haus in Halles Stadion!) bei diesmal rund hundert Veranstaltungen. Zudem seien die Hälfte der 49 Veranstaltungen mit Kartenverkauf voll ausgelastet und 84 Prozent des Kartenangebots abgesetzt worden. Dies sei der beste Prozentsatz seit zehn Jahren gewesen, hieß es gestern aus dem Händelhaus.
Bei aller Schwierigkeit, Zahlen zu vergleichen: Ein Händel-Rekord ist unstrittig. Es waren mit 16 Tagen die längsten Festspiele. Denn als folgenreichste Neuerung waren sie - die zuvor in nur elf Tagen über die Bühnen gingen - nun über drei volle Wochenenden terminiert worden. Und die, die über Jahre maßgeblich genau darauf gedrängt hatten, sind nun mehrheitlich sehr zufrieden: die Hoteliers nämlich.
Während sich für das Maritim, in dem traditionell zumeist die Künstler und Akteure logieren, das neue Konzept erwartungsgemäß kaum ausgewirkt hat, melden etwa Apart-, Dormero- und Dorint-Hotel auf MZ-Anfrage „mehr Umsatz“, „bessere Nachfrage“ und „höhere Auslastung“ als im Vorjahr. Dorint-Chef Bertram Thieme - der sich auch als hiesiger Sprecher des Gastronomen-Verbands „Dehoga“ für die „Händel-Wende“ stark gemacht hatte, ist nun des Lobes voll: „Tolles Geschäft“, sagt er - und meint damit zugleich auch Reaktionen seiner Partner, der Reiseveranstalter.
Die freilich hätten moniert, dass die Verlängerung auf drei Wochenenden noch zu wenig bekanntgemacht worden sei und sich also bislang zu wenig herumgesprochen habe, um in stärkerem Maße wirksam zu werden. Bei Festival-Intendant und Händelhaus-Chef Clemens Birnbaum klingt freilich alles danach, dass das neue Konzept voll gegriffen habe: „Das Publikum strömte aus aller Welt nach Halle“, so freut er sich - sieht dies aber vor allem im Zusammenhang mit dem Programm - „mit künstlerisch durchgängig sehr guten und sensationellen Veranstaltungen mit internationalen Spitzenstars auf Weltklasseniveau“. Ein Eindruck, mit dem sich der Veranstalter durchaus im Einklang mit den Kritikern befindet, die bescheinigen, dass Händel 2015 einer „der besten Jahrgänge überhaupt“ gewesen sei, wobei Motto und Programm als „organische Einheit“ wahrnehmbar gewesen seien.
"Mit ein paar Girlanden ist es nicht getan"
Organisch eingefügt haben sich auch die neuen Spielorte, an denen neue inhaltliche Akzente gesetzt werden konnten. So das Konzert auf dem Hallmarkt, das erstmals jetzt stattfand, da es das „kleine Festival“ Händels Open plötzlich nicht mehr gibt. Und das eine Lücke gerissen hat, als Angebot für fast nur an moderner Musik interessierte Hallenser. Für die gab’s sonst „nur“ das - diesmal wieder großartige „Bridges to Classics“. Und nun in der Georgenkirche die tolle erste Koproduktion mit „Women in Jazz“.
Auch Bernd Wiegand war sehr angetan von all dem Neuen - und versprach zugleich, dass über Verbesserungen am optischen Festival-Rahmen, der zuletzt in der MZ kritisiert worden war, nachgedacht werde. Doch sei dies - so Halles Oberbürgermeister - „mit ein paar Girlanden allein nicht getan“. (mz)