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Eiserne Hochzeit Bewegte Geschichte: Paar aus Halle ist seit 65 Jahren verheiratet

Für Erika und Karl Heinz begann alles mit einer zufälligen Begegnung in einem Dorf nahe der Grenze. Am Mittwoch sind sind sie 65 Jahre verheiratet. Was sie alles erlebt haben.

Von Phillip Kampert 22.02.2022, 11:00
Erika und Karl Heinz haben kurz nach ihrem 18. Geburtstag geheiratet.
Erika und Karl Heinz haben kurz nach ihrem 18. Geburtstag geheiratet. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale)/MZ - Von Phillip Kampert Halle/MZ - Ein 18-jähriger Grenzpolizist und eine Schülerin begegnen sich zufällig im Dorf Branderode (Landkreis Nordhausen). Sie wohnte in dem kleinen Ort, er war im nahen Obersachswerfen eingesetzt. „Da lief ein junges Mädel rum, da habe ich sie angesprochen“, erzählt Karl Heinz Brückner, der sich noch an die langen Zöpfe erinnert. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, ergänzt seine Frau Erika. Diese Begegnung 1954 war der Anfang des gemeinsamen Lebens von Karl Heinz und Erika Brückner. Am kommenden Mittwoch ist ihre Eiserne Hochzeit, also das 65. Jubiläum ihres Ja-Worts.

Vorstellung am Gartenzaun

Aber der Reihe nach: Einige Zeit, nachdem Karl Heinz den ersten Schritt gemacht hatte, wurde aus der Bekanntschaft eine Beziehung. „Pfingsten stand er vorm Gartenzaun“, erzählt Erika Brückner. Indem er vor der Verwandtschaft auftauchte, wurde es offiziell.

Über die Grenze

Im folgenden Jahr fassten die beiden einen großen Entschluss. Wegen des schwierigen Arbeitsmarkts in der DDR wollten sie in die BRD. Ihre Hoffnungen hielten aber nicht lange. Als Neuankömmlinge aus der DDR wurden sie in Einrichtungen gesteckt. Karl Heinz Brückner durchlebte als ehemaliger Grenzer rigorose Befragungen. Sie landeten in Uelzen (Niedersachsen) - „Die Zustände waren untragbar“, sagt Erika Brückner. Auch nach all den Jahren bewegt sie die Erinnerung an Uelzen zutiefst.

Nach nur 14 Tagen kehrten die beiden in die DDR zurück: Sie nach Branderode, er in seine Geburtsstadt Halle. Wegen des Rendezvous mit der BRD bekam Karl Heinz Brückner eine „Sperre“, wie er es nennt, verordnet: Er durfte Halle ein paar Monate nicht verlassen. Mit seiner Liebsten 100 Kilometer weit entfernt hielt er sich natürlich nicht daran. Mit dem Moped fuhr er an Wochenenden durch den Wald, um ungesehen zu Erika zu gelangen. Im Jahr nach ihrer Rückkehr bekamen die beiden ihre erste von vier Töchtern, Christina. 1957 schließlich heirateten sie und zogen nach Halle.

Zwei Leben voll Arbeit

Die Brückners sind harte Arbeiter. Karl Heinz war als Farbtaucher im Fahrzeugbau angestellt. Er tauchte Karosserieteile in Farbtanks. „Das war sehr schwere Arbeit“, erinnert er sich. Gerade die großen Fahrzeugböden waren schwierig aufzuhängen und zu handhaben. Auch Erika Brückner hatte mit Autos zu tun. Nach Stationen beim Waggonbau und in einer Näherei landete sie beim Industrieverband Fahrzeugbau (IFA), arbeitete in einem Werk in Halle an Wartburgs.

Einen eigenen Pkw erstanden die Brückners erst nach der Wende. „Dann wurde ich auch Kraftfahrer“, sagt Karl Heinz und lächelt. Mit ihrem roten Ford Fiesta standen ihnen alle Türen offen, sie machten Urlaub, etwa in Süddeutschland, oder besuchten seine Schwester in Salzwedel.

Gartenglück

Die große Leidenschaft der Eheleute ist das Gärtnern. In ihrem Kleingarten in Diemitz, wo sie auch wohnen, ziehen sie Gurken, Tomaten, Zucchini, pflücken Brombeeren, Himbeeren, Johannisbeeren. Erika Brückner ist stolz darauf, noch selber Unkraut zu jäten und den Garten auf Vordermann zu halten.

Wenn die beiden von ihren gemeinsamen Erlebnissen erzählen, schäkern sie liebevoll miteinander, lachen oft. Wie man es schafft, so eine lange Ehe zu führen? „Ich kann nicht böse sein“, sagt Erika. Karl Heinz: „Für mich gab es immer nur eine Frau!“

Stolze Tochter

„Meine Eltern haben sich durchs Leben gekämpft“, sagt Tochter Christina stolz über die beiden. Sie hätten es nicht einfach gehabt und seien im Alter trotzdem noch fit. „Wir sind noch rüstig!“, stimmt Karl Heinz zu.

Ihren Ehrentag feiern die beiden Anfang März im Gartenverein. Das Menü verraten sie noch nicht, es soll eine Überraschung werden. Insgeheim schielen sie schon auf das nächste richtig runde Jubiläum: Zum 70. Jahrestag kommt die Gnadenhochzeit.