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Betrug in mehr als 50 Fällen? Betrug in mehr als 50 Fällen?: Schwere Vorwürfe gegen Ex-Arzt

Von Stefan Simon 19.09.2019, 08:30
Landgericht Halle
Landgericht Halle Oliver Müller-Lorey

Halle (Saale) - Im Landgericht hat am Mittwoch der Prozess gegen den ehemaligen Allgemeinarzt Lutz F. begonnen. Doch ohne den Angeklagten selbst, denn der konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht vor Gericht erscheinen.

Der auf 15 Verhandlungstage und mit über 50 Zeugen angelegte Prozess wird auch ohne ihn stattfinden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Arzt Lutz F. Betrug in über 50 Fällen vor. Darüber hinaus wird ihm Untreue, Missbrauch von Berufsbezeichnungen, Fälschung von Gesundheitszeugnissen und Körperverletzung zur Last gelegt.

Lutz F. war seit 2002 als Facharzt für Allgemeinmedizin zugelassen

Lutz F. war seit 2002 als Facharzt für Allgemeinmedizin zugelassen. Er soll von Ende 2008 bis März 2013 wiederholt Rechnungen erstellt und dafür über 130.000 Euro erhalten haben, obwohl diese ihm nicht zustanden.

Doch damit nicht genug: 2013 wurde ihm die Zulassung als Kassenarzt entzogen, dennoch habe er laut Anklageschrift seine Arbeit fortgesetzt, wiederholt Rezepte ausgestellt, die die Patienten einlösten. Dadurch wurde die Krankenkasse zur Zahlung verpflichtet. So entstand ein Schaden in Höhe von 24.000 Euro.

Arzt verlor 2016 die Zulassung

Daraufhin verlor er 2016 die Zulassung als Arzt. Doch dies hielt Lutz F. nicht davon ab, sich zwischen April 2017 und Januar 2018 bei verschiedenen Landkreisen und Behörden als Betriebsarzt zu bewerben und sich laut Anklage zu Unrecht als Arzt bezeichnet zu haben. Lutz F. hat noch im vergangenen Jahr Impfungen durchgeführt, ohne seinen Patienten mitzuteilen, dass er nicht praktizieren darf.

Bis zum ersten Prozesstag hat sich der ehemalige Arzt nicht zu den Vorwürfen geäußert und ob er dies noch tun wird, ist zu bezweifeln. Denn bevor Staatsanwältin Katrin Burau die Anklageschrift verlas, erläuterten die Neurologin Reka Corterier und die Psychologin Renate Reichel ihre ärztlichen Gutachten.

„Alles, was Lutz F. sagte, war eine einzige Klage“

Corterier versuchte am 12. September Lutz F. in der JVH Burg zu untersuchen, doch der Angeklagte kooperierte offenbar nicht. „Er hat immer wieder versucht, die Untersuchung zu beeinflussen“, sagte Corterier. So brummte er oder gab Laute von sich, wenn sie sein Herz abhören wollte. Er sagte ihr, es gehe ihm schlecht und niemand würde ihm helfen. „Alles, was Lutz F. sagte, war eine einzige Klage“, sagte Corterier.

Ob er eventuell nur simuliere, könne sie abschließend nicht sagen. Sein Gesundheitszustand sei hingegen schlecht. Er weigere sich zu essen. „Als ich im April bei ihm war, wog er noch 62 Kilo, jetzt sind es nur noch 43.“ Auf die Frage des Richters Helmut Tormöhlen, wie groß er denn sei, antwortete Corterier: „1,80 Meter.“ Auch das zweite Gutachten von Psychologin Renate Reichel ergab Ähnliches. . Auch bei ihr habe Lutz F. gezittert und verweigerte die Untersuchung.

„Er fühlte sich von uns bedroht“

„Er fühlte sich von uns bedroht, warf uns vor, mit der Staatsanwaltschaft unter einer Decke zu stecken und erzählte, die Polizei würde ihn misshandeln“, sagte sie. Eine Kommunikation sei unmöglich gewesen. „Könnte man sagen, dass er simuliert?“, fragte Tormöhlen. „Sobald er unbeobachtet ist, verhält er sich normal“, antwortete Reichel. Ein JVA-Beamter bestätigte ihr, dass er in seiner Zelle ruhig sitzend Briefe schreibe.

An diesem Donnerstag geht der Prozess weiter, dann werden auch die ersten Zeugen aussagen. Ob Richter Tormöhlen jedoch alle Zeugen vorlädt, ließ er offen. (mz)

Justitia auf dem Dach des Landgerichts: Hier ist ein besonderes Urteil gefallen.
Justitia auf dem Dach des Landgerichts: Hier ist ein besonderes Urteil gefallen.
Steffen Schellhorn