1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Beruf in der Krise: Beruf in der Krise: Reiseunternehmerin erlebt schwerste Zeit ihrer Selbstständigkeit

Beruf in der Krise Beruf in der Krise: Reiseunternehmerin erlebt schwerste Zeit ihrer Selbstständigkeit

Von Denny Kleindienst 26.06.2020, 13:30
Katrin Brückner hat die Welt gesehen, kennt aber auch die nahe Umgebung. Hier steht sie im Oktober an der Weißen Elster.
Katrin Brückner hat die Welt gesehen, kennt aber auch die nahe Umgebung. Hier steht sie im Oktober an der Weißen Elster. Katrin Brückner 

Halle (Saale) - Katrin Brückner hat gerade ein paar Tage frei. Und was macht eine Reiseunternehmerin dann? Geburtstagsfeiern besuchen. Ihre Schwester und ihr großer Sohn haben eingeladen. Außerdem will sie mit ihrem E-Roller zum Rattmannsdorfer Teich fahren und lesen. Welches Buch? Die Biografie von Donald Trump.

Reiseunternehmerin aus Halle schwärmt von fernen Ländern

1995 hat Katrin Brückner angefangen, im Reisebüro zu arbeiten, im November 2018 hat sie sich selbstständig gemacht und betreibt seitdem das „alltours Reisecenter“ im Kaufland am Südstadtring. Die Unternehmerin ist selbst ganz gut rumgekommen, hat 38 Länder bereist und mehr als 500 Hotels gesehen.

Wenn sie in der Ferne ist, „dann bin ich mit allen Sinnen dort“, sagt sie. Über den Loro Parque auf Teneriffa könnte sie aus dem Stegreif drei Stunden lang erzählen. Sehr bewegt haben sie die Reisen nach Afrika, insbesondere nach Gambia, wo sie das Volk der Madinka besuchte. Brückner schwärmt auch von Asien und den USA. „Ich habe viel erlebt“, sagt sie.

Schwere Zeit wegen Corona: Reisebüro ist ihr Baby

Zu verreisen bedeutet für sie, Neues zu entdecken. „Ich brauche das auch“, sagt Katrin Brückner. Sie sei schon immer neugierig gewesen. Urlaub heißt für Brückner außerdem, „dass Eltern Zeit haben, Sandburgen zu bauen“. Es bedeute, aus dem Alltag auszubrechen, indem das Kind täglich zum Kindergarten gebracht wird. Sie hat selbst zwei Kinder, 18 und 20 Jahre alt.

Wenn Katrin Brückner über ihre Branche spricht, spürt man, dass auch das Reisebüro ihr Baby ist. Mit ihren beiden Mitarbeiterinnen arbeitet sie seit über zehn Jahre zusammen - „ein eingeschworenen Team“. Wenn die Unternehmerin dann noch ihr Angebot runterrattert, „von der Tagesfahrt bis zu Weltreise“, klingt sie richtig euphorisch.

Reiseunternehmerin heißt auch Krisenmanagerin

„Das ist ein richtiger Traumberuf“, sagt Brückner schließlich. Was wiederum auch an den Erlebnissen der anderen liegt. Früher als sie noch Gruppenreisen geleitet hat, habe sie zum Beispiel miterlebt, wie ein Witwer und eine Witwe während der Reise zueinander fanden.

Katrin Brückner kennt aber auch die Tiefschläge, die es immer schon gab. Da wäre etwa die Aschewolke nach dem Vulkanausbruch auf Island oder die Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook im Herbst vergangenen Jahres zu nennen.

Katrin Brückner erzählt von einem Rentnerpaar, das damals auf Mallorca sein Hotel nochmal voll bezahlen sollte, das Hotel behielt sogar die Pässe ein. Doch so viel Geld hatten die beiden nicht dabei. Sie wussten nicht, wo sie unterkommen sollten. Brückner und ihr Team organisierten für das Paar im damaligen Durcheinander die Rückreise.

Ängste wegen Corona schließen zu müssen

Und doch steht die Corona-Krise für sich. „So etwas gab es noch nie“, sagt die Unternehmerin. Mitte Mai hatte sie deshalb die Demonstration „Rettet die Reisebüros“ auf dem Markt organisiert. Sie schätzt, dass in ihrem Fall 80 Prozent der Reisen, die ab März stattgefunden hätten, abgesagt wurden.

Das Dilemma für die Reisebüros ist: Sie müssen die Provision zurückzahlen, die sie für die Buchung - sprich für ihre getane Arbeit - bekommen haben. Brückner fordert eine gesetzliche Neuregelung. Inzwischen kommen die Kunden auch wieder in ihr Reisecenter. Doch nach wie vor hat Katrin Brückner Angst, „finanziell nicht durchs Jahr zu kommen“. (mz)