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Bergbau in Halle Bergbau in Halle: Wie ein Käse voller Löcher

Von Martin Schramme 16.10.2001, 17:08

Halle/MZ. - Halle kann auf fast 600 Jahre Braunkohle-Bergbaugeschichte zurückblicken. Mit Höhen und Tiefen - versteht sich. Der ursprünglich landwirtschaftlich geprägte Raum Halle wandelte sich dank der Kohle zu einer der größten Industrieregionen Deutschlands. Dass Halle eine Spitzenstellung im Kohlebergbau einnahm, lässt sich heute nur noch erahnen.

Bei genauem Hinsehen entpuppen sich die Stadt und ihr Umfeld jedoch als einzige Kohlegrube. Ob Riebeckplatz, Merseburger Straße, Ritterkaufhaus oder Reichhardts Garten, Osendorfer See oder Heidesee - überall gibt es Kohlelagerstätten. Das zeigte sich auch bei Bombenangriffen 1945. Nach dem Abwurf von Luftminen fand sich in entstandenen Kratern im Steinweg und in der Rannischen Straße Kohle. Zur Freude der frierenden Bevölkerung.

Gleichfalls durch Kohlefunde in die Stadtgeschichte eingegangen ist die Schule in Nietleben. 1825 wurde unter dem Schulhof nordwestlich von Nietleben Richtung Granau Kohle entdeckt. Ein Jahr später lief die Probeförderung. Mit Erfolg. Die Grube "Neuglück" war geboren. Schließlich kamen die Gruben "Charlotte" und "Wilhelm" dazu. Sie alle nährten sich von einem mehrere Millionen Kubikmeter Kohle umfassenden, bis 27 Meter mächtigen Flöz zwischen Nietleben, Bennstedt und Eisdorf.

Brikettfabriken und Schwelereien entstanden. Teile der Produktion transportierte eine Pferdebahn zur Verschiffung zur Saale. 1894 bekam Nietleben eine Paraffinfabrik. Doch die Tage der Grube waren gezählt. 1931 wurde der Förderbetrieb eingestellt. Vom Grubenbetrieb übrig geblieben ist der Heidesee mit Kiefernschonung. Straßennamen - Berghalde und Bergmannssteig - erinnern an damals.

Bereits um 1800 entwickelte sich Halles Norden zum Dorado des Bergbaus. Zunächst entstanden "Bauerngruben", kleine Gruben mit kleiner Belegschaft. Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich die wirtschaftliche Nutzung der Kohle im großen Stil durch. Abnehmer waren die Kröllwitzer Papierfabrik, Fabriken und Ziegeleien in Trotha, Sennewitz und Morl sowie die Zuckerfabrik in Trotha. Wie einen Schweizer Käse durchlöcherten Halles Bergleute den Norden ihrer Stadt, taten 1849 die erst 110 Jahre später stillgelegte Grube "Karl Ernst" auf. Damals war die Grube "Frohe Zukunft" bereits seit vier Jahren in Betrieb. Die ersten Schachtanlagen befanden sich zwischen Steffenstraße und Dessauer Straße.

Holzknappheit zwang die Pfänner Anfang des 18. Jahrhunderts, für den Betrieb der Salzpfannen nach Alternativen zu suchen. Kohle bot sich an. Doch nur Steinkohle, wie man sie am Nordostzipfel von Dölau fand, kam in Frage, weil sich seinerzeit noch niemand auf das Brikettpressen verstand. Zunächst betrieb der preußische Staat den Abbau von 1736 bis 1806. Dann wurde die Grube unwirtschaftlich.

Trotzdem versuchte sich die Gewerkschaft "Humboldt" weitere sieben Jahre (1852 bis 1859) an der Kohleförderung in dem Areal zwischen Am Humboldt, Zechenhausstraße und Elbestraße. Schließlich lief aber der "Neuglücker Verein" mit seiner ergiebigeren Braunkohlegrube in Nietleben und der inzwischen erfolgreichen Brikettierung den Dölauern den Rang ab. Von der Mine in Dölau zeugen elf Halden, der Rest ist eingeebnet.

Der Bergbau machte auch vor dem Wittekind-Tal nicht Halt. Waren Mönche dort schon früher auf Salzquellen gestoßen, so gab es später Hinweise auf Steinkohlevorkommen - der Anlass für Probenahmen. Im 18. Jahrhundert und nochmals 1806 entstanden bis zu 100 Meter lange Stollen am Rabenstein und im Bereich Friedenstraße/Hexentreppe. Mit der nur einen Meter dicken Kohleschicht eine jedoch wenig ergiebige Lagerstätte. Daher gaben die Bergleute 1817 auf. Zurückgeblieben sind ein Mundloch im Grundstück der Wittekindstraße 27 und eine Abraumhalde an Reichhardts Garten.

Weitere Informationen beim Interessenverein Bergbau:

Tel. 0345 / 770 50 75.