Begegnungsstätte Begegnungsstätte: Einheit und Europa im Genscher-Haus

Halle (Saale) - Er ist omnipräsent in dem Haus an der Schönnewitzer Straße 9a in Reideburg: Hans-Dietrich Genscher. Zahllose Bilder und Gemälde zeigen den FDP-Politiker, der Weltgeschichte geschrieben hat - und in genau diesem Haus am 21. März 1927 geboren wurde. Doch erzählt wird in diesem Haus nicht nur die Lebensgeschichte des Mannes, der in Halle zur Schule gegangen ist und hier auch Jura studiert hat, bevor er 1952 in den Westen übersiedelte und dort eine ungewöhnliche politische Karriere startete.
„Es ist die einzige Begegnungsstätte mit dem Thema Deutsche Einheit“, macht Katja Raab, Leiterin des Regionalbüros Mitteldeutschland der Friedrich-Naumann-Stiftung klar. Die Stiftung hat im Genscher-Haus ebenso ihren Sitz wie die liberale Erhard-Hübener-Stiftung, die das Haus 2008 vor dem Abriss gerettet, mit Sponsoren saniert und zur Begegnungsstätte umgebaut hat. Im Sommer 2010 wurde das Haus offiziell eröffnet.
Seitdem stehen hier die Türen offen für jedermann, der sich mit der Zeitgeschichte und liberalen Ideen auseinandersetzen will. Sowohl Schulklassen als auch Besuchergruppen aus ganz Deutschland kommen hierher, auch zur Museumsnacht ist hier Betrieb. Außerdem werden auch Podiumsdiskussionen oder Zeitzeugengespräche angeboten. „Jedes Jahr kommen etwa 400 Besucher“, berichtet Katja Raab. Auch individuelle Besucher sind willkommen - am besten jedoch nach Voranmeldung, da die Begegnungsstätte keine festen Öffnungszeiten hat und die Mitarbeiter der beiden Stiftungen auch Außentermine haben. Der Besuch ist kostenfrei, ab zehn Personen gibt es sogar eine Führung oben darauf - ebenfalls kostenfrei. Aber: Das Genscher-Haus ist kein Museum. „Genscher wollte keinen Personenkult“, erklärt Raab. Vielmehr ist das Geburtshaus des früheren Außenministers eine politische Bildungsstätte. Nur ein Raum widmet sich der Biografie des Reideburgers.
„Was die DDR war, wer Genscher war, das wissen Schüler heute oft nicht mehr“, so die Regionalbüro-Leiterin. Anhand der Stationen, die über die Entstehung des Liberalismus bis hin zur deutschen Teilung und der Wiedervereinigung, kann in der Begegnungsstätte Deutsche Einheit die Geschichte wieder lebendig werden. So teilt auch eine echte Mauer mit Stacheldraht den Raum zum Thema, im Raum zur friedlichen Revolution 1989 hört man in einer Schleife „Wir sind das Volk!“ Viele Schulklassen, nicht nur aus Halle, sondern auch auch Weißenfels oder Gräfenhainichen, verbringen hier ganze Projekttage. Besonders häufige Gäste, so Katja Raab, sind die Schüler des Herder-Gymnasiums, das einst auch Genscher besucht hat - und das ab Beginn nächsten Schuljahres dessen Namen trägt.
Was ist es, das die Besucher des Genscher-Hauses in Reideburg häufig beschäftigt? Da muss Katja Raab nicht lange nachdenken: „Hier müssten meine Kinder auch mal her, in der Schule wird das Thema nicht behandelt, hört man oft von Besuchern.“
››Zeitzeugengespräch „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ in Kooperation mit der Gedenkstätte Roter Ochse am 16. August um 18 Uhr.