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Basketball Basketball: Seiteneinsteigerin mit Biss

Von MICHAEL PIETSCH 24.08.2010, 21:06

HALLE/MZ. - Also klärt sie die Sache auf: "Meine Familie hat in der Nähe von Brünn einen Weinberg. Früher habe ich bei der Lese mitgeholfen." In diesem Herbst geht das natürlich nicht. Denn: Karla Babica spielt beim Bundesligisten SV Halle Basketball. Da sind die Prioritäten sportlicher Natur.

Dennoch: Bei der Annäherung an die Person Karla Babica kommt man um den Wein nicht herum. Er stellt die Verbindung zu ihrem tschechischen Ursprung her. In Folge des Prager Frühlings 1968 hatten ihre Eltern, Marta und Miloslav Babica, die Heimat Richtung Deutschland verlassen. Karla ist hier geboren. "Erst nach der Wende konnten sie wieder die Heimat besuchen", erzählt Babica. "Und der Weinberg, um den sich übers Jahr ein Nachbar kümmert, ist unsere Verbindung dorthin."

Dass der Weg der kleinen Karla aus dem Taunus-Ort Königstein, in dem sich die Familie niedergelassen hat, irgendwann sogar in die höchste Basketball-Liga Deutschlands führen würde, konnte niemand ahnen. "Aber der Sport spielte immer eine Rolle in meinem Leben", sagt sie. Und es wird klar: Ihre Geschichte ist eine Geschichte von harten Prüfungen. Sie zeigt einen anderen Weg, als den geradlinigen, den heute die meisten Sportschülerinnen beim SV Halle gehen.

Obwohl Karla als Kind am liebsten auf der Straße Fußball spielt, wollen ihre Eltern sie bei einem Verein unterbringen. "Aber es gab bei uns in Königstein nur die DLRG. Also gingen wir im Pulk dahin", erinnert sich Babica an ihren Einstand bei der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft. Die Verbindung zum Wasser hält bis heute. Nur dass Karla jetzt ihrer Leidenschaft Surfen frönt. "Am liebsten mit Freunden an der Atlantikküste."

Irgendwann reicht der damals Zwölfjährigen die DLRG nicht mehr, sie wechselt "zum richtigen Schwimmen". Dann der Schock: Bei einer Flugrolle über die Schnur, die den Startsprung imitieren soll, zieht sich Karla einen Wirbelanbruch zu. Alles scheint aus, die Freude am Sport zerstört. Doch dann kommt das Umdenken. "Ich wollte mir und anderen beweisen, dass man mit starkem Willen trotz Handicaps etwas erreichen kann." Heute sagt sie über sich: "Ich bin nicht das große Talent, muss mir alles erarbeiten."

Dies hat Karla geprägt. Als wolle sie das unterstreichen, zitiert Babica ein tschechisches Sprichwort, das für sie zum Leitfaden geworden ist: "Das Leben schmust nicht mit den Menschen." Dennoch: Wer Karla Babica kennenlernt, erlebt eine aufgeschlossene, optimistische Frau. "Ich bin eigentlich ein Spaßvogel, komme mit allen Menschen gut zurecht", sagt sie.

Der Basketball wird ihr Sprungbrett. Bei einer Sprachreise in die USA findet sie Gefallen an der Korbjagd. Sie wohnt in New York, 20 Minuten Fußweg vom Madison Square Garden entfernt. "Ich schaute mir die New York Knicks an. Es war genial." Also meldet sich die 15-Jährige, zurück in Deutschland, bei den Korbjägerinnen an und ist zunächst "nur Sparringspartnerin". Der Weg führt sie durch Nachwuchsteams in Kronberg und Bad Homburg. Babica beißt sich durch, "obwohl das Talent fehlt". Sie landet beim Zweitligisten Hofheim. 2005 geht es erneut in die USA. Bis 2009, während des Studienganges Business Management und Psychologie, spielt Karla im St. Francis-Collegeteam in Brooklyn. 2006 als sie den deutschen Pass bekommt, wird sie in die deutsche U 20-Auswahl berufen. Und wieder spielt ihr der Körper einen Streich. "Eine kaputte Bandscheibe ließ mir bei der EM kaum Spielzeit zu. Ich hatte links kaum noch Gefühl im Arm", sagt sie. Erst eine OP hilft. Nach einem halben Jahr Pause wechselt sie 2009 zum Bundesligisten Rhein Main Basket nach Langen. "Das Gefühl in der linken Hand ist heute fast zurück. Die Koordination wird immer besser." Nur der kleine Finger streikt noch ab und an.

Der Tod des Vaters droht Babica erneut aus der Bahn zu werfen. Sie legt wieder eine Pause ein. Und wieder reißt sie sich selbst aus der Talsohle. Sie will auf eigenen Beinen stehen und einen Neuanfang wagen. Der trägt zwei Namen: SV Halle und Peter Kortmann. Halles Trainer setzt darauf, dass Babica sich durchsetzen kann. So, wie sie es in ihrem Leben gezeigt hat.