Haarige Konkurrenz Barbiere in Halle: Halles Friseure bekommen haarige Konkurrenz

Halle (Saale) - Es scheint, als hätte jede Zeit ihre Trendgeschäfte in der halleschen Innenstadt. Vor einigen Jahren noch sprossen an vielen Ecken Bubbletea-Läden aus der Erde, dann kamen die Handyshops, dann die Spielotheken und Wettbüros - und jetzt eben die Barbiere. Und genau diese Barbiere bereiten den Friseuren und der Handwerkskammer in Halle Kopfschmerzen.
Jens Schumann, Leiter des Fachbereichs Handwerkspolitik bei der Handwerkskammer Halle sieht die Situation „durchaus kritisch, da die Zahl der Läden gefühlt im Kammerbezirksmaßstab angewachsen ist“.
Barbier-Salons in Halle: Risiko der Schwarzarbeit
Neben dem Kampf um die Kunden sieht Schumann auch das Risiko der Schwarzarbeit. „Wenn ein Barbier Leistungen anbietet, die über die klassische Rasur sowie orientalische Methoden der Haarentfernung am Ohr, den Brauen und so weiter hinausgehen, egal ob Mann oder Frau, übt er ein Handwerk aus und benötigt eine Eintragung in die Handwerksrolle“, so Schumann. „Kurz gesagt: Sonst ist er ein Schwarzarbeiter.“
Bietet der Großteil der Barbiere tatsächlich nur Rasuren, nicht aber Haarschnitte an? Schumann bezweifelt das: „Aus Sicht der Handwerkskammer Halle ist das alleinige Anbieten von Bartrasuren und Haarentfernung betriebswirtschaftlich nicht realistisch“, sagt der Handwerksexperte. „Allein die Mieten sowie die zu leistenden Abgaben für den Salon würden sich nicht aus dem Kundenpotenzial erwirtschaften lassen. Somit ist Schwarzarbeit programmiert.“
Viele Barbiere bieten auch Haarschnitte an - schläft die Stadt Halle?
Kontrollen unter anderem durch das Gewerbeamt Halle hätten aus Sicht der Handwerkskammer ergeben, dass viele Barbiere mit „Haarschnitten“ werben und diese auch ausführen.
Das bestätigt auch Soran Akram, der drei Salons in Halle führt - in der Neustädter Passage, der Großen Ulrichstraße und der Geiststraße. „Die Stadt schläft“, sagt Akram. Seit 2008 ist er als Barbier in Halle tätig, kennt einige Kollegen und weiß: „Viele von ihnen bieten Haarschnitte an, haben aber keinen Meistertitel.“ Trotzdem passiere nichts.
Auch Akram bietet in seinen Salons Haarschnitte an, dafür habe er einen Meister eingestellt und sei selbst gerade in der Ausbildung. Als dieser Meister vor einiger Zeit krankheitsbedingt einen Monat lang ausfiel, sei Akram kontrolliert worden. „4.800 Euro musste ich dafür zahlen. Und andere werden jetzt nicht kontrolliert.“
Stadt Halle dementiert: Barbiere werden regelmäßig kontrolliert.
Laut Tobias Teschner, Leiter des Fachbereichs Sicherheit bei der Stadtverwaltung Halle, würden alle 13 in Halle registrierten Barbiere kontrolliert. „In drei Fällen wurde eine Tätigkeit im Grenzbereich zum Friseurhandwerk festgestellt“, sagt der Fachbereichsleiter.
Das versuchen sowohl die Stadt als auch die Kammer einzudämmen, sagt Teschner: „In Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer wurde auf die Einhaltung der Handwerksordnung hingewirkt.“
Unerlaubtes Haareschneiden kann für Barbiere teuer werden
Grundsätzlich gelte: „Die Stadt prüft, welche Tätigkeiten tatsächlich ausgeführt werden. In Abstimmung mit der Handwerkskammer wird ein nicht zulässiges Handwerk untersagt, zudem wird ein Bußgeld festgesetzt.“
Und das kann teuer werden: Laut Gesetz drohen für die Betreibung eines nicht angemeldeten Gewerbes bis zu 10.000 Euro, für die Nichtanmeldung an sich bis zu 50.000 Euro Geldbuße. Die Handwerkskammer wählt einen anderen Weg, um unerlaubte Haarschnitte bei Barbieren einzudämmen. In diesem Jahr bietet sie erstmals einen entsprechenden „Vorkurs“ für Barbiere an, die einen Meisterkurs besuchen und somit in Deutschland als regulärer Friseur anerkannt werden möchten.
Barbier-Salons in Halle: Barbiere haben oft keine Ausbildung.
Haarschnitte bei Barbieren sind aus Sicht von Schumann keinesfalls mit Haarschnitten bei Friseuren gleichzusetzen: „Ein Barbier verfügt nach unserer Kenntnis über keine Ausbildung, die einer deutschen Berufsausbildung gleichzusetzen ist.“ Das sieht auch Madlen Duhre so. Die Friseurmeisterin betreibt ihren eigenen Salon „Chez Madlen“ in der Ludwig-Wucherer-Straße und beobachtet die Situation der Barbiere in Halle seit einiger Zeit. Bedroht fühlt sie sich dadurch aber nicht: „Sie machen ihre Arbeit und haben ihr eigenes Klientel“, sagt Duhre. Das sei für ihr Geschäft keine Konkurrenz.
Ob die Barbiere aktuell die Friseure aus der Stadt verdrängen, kann Schumann nicht klar sagen: Es finde derzeit ohnehin „ein Wandel der Unternehmensstrukturen auch im Friseurhandwerk statt, der zu immer mehr kleinen und immer mehr sehr großen Betrieben und Filialisten führt“. Ob die Veränderungen in der Friseurlandschaft nun auf diesen Wandel der Unternehmensstrukturen oder auf die Barbiere zurückzuführen ist, sei unklar.
Dass die Friseure in nächster Zeit aussterben, müsse man aber nicht befürchten. Die Zahl der Handwerksunternehmen im Friseurhandwerk sei weitgehend stabil, sagt Schumann. „Rückläufig ist dagegen die Zahl der Auszubildenden. Hier liegt die Ursache aber eher in der Demografie und dem Drang zum Abitur als am Aufkommen der Barbiere.“ (mz)