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Ausstellung Ausstellung: Villa Rabe stellt Julia Wegats Bilder aus

Von franz werfel 23.03.2013, 20:26
Künstlerin Julia Wegat mit ihrem Bild „Aschenputtel“
Künstlerin Julia Wegat mit ihrem Bild „Aschenputtel“ franz werfel Lizenz

halle/MZ - Die Künstlerin ist glücklich darüber: „Es gehört Mut dazu, diese Bilder zu zeigen. Auch ich habe noch nie alle 16 gleichzeitig gesehen. Das hat selbst mich, die ich diese Bilder einst schuf, noch einmal richtig umgehauen.“

In zwei Zeiträumen sind ihre „Märchenbilder“ entstanden. Der Großteil zwischen 2004 und 2005 sowie 2010 der „Rapunzel“-Zyklus. Wie alle Bilder der gebürtigen Dortmunderin, die seit drei Jahren in Gimritz bei Halle lebt und arbeitet, sind auch diese nicht auf herkömmlichen Leinwänden gemalt. Julia Wegat verwendet immer bereits gebrauchte Stoffe. Im Fall der „Märchenbilder“, die allesamt Mädchen vor, während oder nach einem Gewaltakt zeigen, griff sie zu billigen Partytischdecken, wie sie von Großveranstaltern benutzt werden.

Dem Material sieht man seine Gebrauchsspuren an, das ist der Künstlerin wichtig. So werden Flecken von Bratensoßen, Kaffee und Wachs zu Schürfwunden, Malen und Hämatomen.

Der Titel „Märchenbilder“ verweist auf den Grimm’schen Hintergrund der Ausstellung. Julia Wegat, die selbst mit der „weichgespülten Disney-Version der Märchen“ aufgewachsen ist, wie sie es nennt, hat sich bei ihrer Arbeit auf die Suche nach dem zumeist gewaltvollen Kern der Märchen gemacht. Auch daher rühren die Aggressionen in vielen ihrer Gemälde.

Zudem sei sie immer auf der Suche nach den menschlichen Grundbefindlichkeiten. So hat sie schon an vielen Projekten mit Migrantenkindern und Kindern aus afrikanischen Kriegsgebieten gearbeitet. „Ich möchte den Menschen über sein Leid verstehen“, so Wegat. Dabei begreift sie sich als Forscherin, die den Menschen seziert. So sei sie auch eher eine konzeptuelle Künstlerin denn eine Malerin.

Mit ihren „Märchenbildern“ holt sie die Themen Gewalt gegen und Missbrauch von Kindern wieder in die Mitte der deutschen Gesellschaft. Ausgestellt in einer Zeit, in der die Gräueltaten scheinbar nur in Indien und anderswo stattfinden.

Die Ausstellung ist in der Villa Rabe, Riveufer 5, bis 30. April montags bis freitags, 9 bis 16 Uhr zu besichtigen.

Doch Wegats Mädchen, die etwa drei bis sechzehn Jahre alt sind, könnten alle Mitteleuropäerinnen sein. Der Christlichen Akademie zufolge gehört das Thema auch genau hierhin, denn: „Studien zufolge werden 1,5 Millionen Kinder in Deutschland misshandelt. Die Dunkelziffer dürfte noch einmal so hoch sein. Jede Woche erliegen allein in Deutschland zwei Kinder den Verletzungen, die ihnen durch Gewalteinfluss zugefügt wurden“, so Frieder Badstübner. Der Geschäftsführer der Christlichen Akademie hat die Passionszeit als Zeitrahmen für die Ausstellung gewählt. „Wann wollen wir über Leid und wie wir damit umgehen, sprechen, wenn nicht jetzt?“ Auch der Ort sei kein Zufall, schließlich befand sich in der Villa Rabe 1947-1993 ein Kinderkrankenhaus.

Zu seiner Motivation für die Ausstellung befragt, sagt Frieder Badstübner: „Für uns gehören Bildung und Kunst aufs Engste zusammen. Ungebildete Kunst ist keine Kunst und Bildung ohne Kunst ist keine echte Bildung.“ Zur dieser Ausstellung gibt es einen Begleitkatalog.