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Ausflugsziel Ausflugsziel: Jüdischer Friedhof von Gröbzig vielen unbekannt

Von ANJA HEROLD 06.09.2012, 19:09

LÖBEJÜN/GRÖBZIG/MZ. - Nur wenige hundert Meter von Löbejün entfernt und außerhalb der kleinen Stadt, mitten auf einem Feld, liegt der jüdische Friedhof von Gröbzig. Auch Löbejüner Bürger liegen auf dem Areal, das zum Museum Synagoge Gröbzig gehört, begraben. "Die Quellenlage ist nicht sehr umfangreich, aber Löbejün gehörte damals zur israelitischen Kultusgemeinde Gröbzig, also werden die jüdischen Einwohner auch die Synagoge besucht haben", erzählt Museumsdirektorin Marion Méndez. Eine große Tür, für die der Schlüssel im Museum geholt werden muss, versperrt den Eingang.

Letzes Begräbnis im Jahr 1934

Eine Natursteinmauer umgibt das Gelände. Dort herrscht Stille, nur die Blätter rascheln im Wind. Und die Sonne scheint auf die 300 jüdischen Gräber. Sie sind für immer angelegt, deshalb gibt es uralte Grabsteine neben neueren. Viele sind verwittert, manche umgefallen und mit Efeu zugewachsen. Kleine Steine liegen auf vielen von ihnen, die jüdische Form der Ehrerweisung. Das letzte Begräbnis fand 1934 statt, der bekannte Schlossermeister Blumenthal wurde damals beerdigt.

Bekannte Gröbziger Juden, erzählt Méndez, seien auch Leo Löwenthal und Chaim Steinthal. An ersteren, den Heimatdichter, erinnere ebenfalls ein Gedenkstein. Steinthal hingegen, ein bekannter Sprachwissenschaftler seiner Zeit - er beherrschte 22 Sprachen fließend - starb in seiner Wahlheimat Berlin und liegt dort heute auf dem bekanten jüdischen Friedhof in Weißensee begraben. Seine Mutter und seine Großmutter aber ruhen in Gröbzig. Ihre Grabsteine sind bereits in Deutsch und Hebräisch beschriftet. Die Älteren, vorne rechts am Eingang, weisen nur hebräische Schriftzeichen auf.

Besucher können sich, mit einem erklärenden Zettel in der Hand, auf die Suche nach alten Symbolen machen. So weisen Blumen und florale Ornamente auf ein Frauengrab hin. Segnende Hände zeigen, dass es sich um den Abkömmling einer rabbinischen Familie handelt. Eine Kanne mit einer Schale zeugt von rituellen Reinigungszeremonien und deutet auf die Abstammung von ehemaligen Tempeldienern hin. Auch der Davidstern, ein eher neueres Symbol der jüdischen Religion, so die Museumsdirektorin, sei öfter zu finden. Man findet auf dem Friedhof auch einen Gedenkstein für Rosalie Meyerstein. Sie war die letzte Jüdin, die Gröbzig 1940 verlassen musste. "Ab heute ist Gröbzig judenfrei", verkündete der Bürgermeister damals.

Friedhof seit dem 17. Jahrhundert

Den Friedhof, so Marion Méndez, habe es schon seit Anfang des 17. Jahrhunderts gegeben, die Mauer jedoch stamme aus dem Jahr 1907. "Damals wurde das alte Herrenhaus im Ort abgerissen, und aus seinen Steinen wurde die Mauer gebaut." Dass der Begräbnisplatz so weit außerhalb des Ortes liege, sei indes nicht ungewöhnlich. "Wegen der Seuchengefahr wurde so gebaut. Durch die Expansion der Städte ist das heute oft nicht mehr zu sehen." Gröbzig aber habe sich nicht erweitert.

Auf dem Friedhof gelten übrigens alte Regeln: Geschnittenes Grün darf nicht außerhalb der Mauern gebracht werden. Am Sabbat darf man ihn nicht betreten, jüdische Bürger müssen sich nach dem Besuch die Hände waschen. Und ausnahmslos alle männlichen Gäste müssen beim Besuch eine Kippa, die traditionelle jüdische Kopfbedeckung, tragen. Was beim Besuch der Synagoge nicht Pflicht ist, da sie ungeweiht ist.

Um den Friedhof, der Teil des einmaligen Gebäude-Ensembles jüdischer Kultur in Gröbzig ist, kümmert sich vor allem der Landesverband der jüdischen Gemeinden. Die Stadt Südliches Anhalt, die im Landkreis Anhalt-Bitterfeld liegt und zu der Gröbzig seit 2010 gehört, auch. Vom Kultusministerium kommt wegen der überregionalen Bedeutung des vollständig erhaltenen Denkmals ebenfalls Unterstützung.