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Aus Kollegen werden Rivalen

Von Michael Deutsch 27.11.2007, 18:54

Halle/MZ. - Ist es Trotzigkeit oder Kommerz-Denken des lieben Kollegen? Auf diese Frage wollen weder Thomas Klöss, Ärztlicher Direktor des halleschen Universitätsklinikums, noch der Leiter des rechtsmedizinischen Instituts der MLU, Professor Manfred Kleiber, antworten. "Nur soviel: Was in Magdeburg abläuft, ist mehr als unglücklich", ringt Klöss um einen diplomatischen Satz. Seine Mimik verrät jedoch, dass der Ärger riesengroß ist.

Gab es bislang zwei Lehrstühle für Rechtsmedizin in Halle und Magdeburg, bereitete das Landes-Kultusministerium Anfang des Jahres aus Sparzwang dem ein Ende. Zwar wurde entschieden, die Dienstleistungen der Rechtsmedizin an beiden Standorten zu belassen, künftig aber sollte nur das hallesche Institut mit einer Professur ausgestattet sein (MZ berichtete).

Seit der Magdeburger Deklassierung scheint der emeritierte Klinik-Professor Dieter Krause, der sich mit seinen 68-Jahren getrost zur Ruhe setzen könnte, an seiner Selbständigkeit zu basteln. Mitte November eröffnete er die erste private gerichtsmedizinische Einrichtung in Sachsen-Anhalt. Für das hallesche Universitätsklinikum als Anstalt öffentlichen Rechts ist die "private Verbrecherjagd" ein Schlag ins Gesicht. "Wir sehen die Gefahr, nicht mehr kostendeckend arbeiten zu können", klagt Klöss. Denn Krause als Geschäftsmann werde sich mit DNA-Analysen und Vaterschaftsgutachten die Rosinen herauspicken und die Reste der öffentlichen Hand überlassen. Mit Opfer- und Leichenuntersuchungen könne bedeutend weniger Geld verdient werden.

Angegriffen fühlt sich der Rechtsmediziner Manfred Kleiber von den Geschäftspraktiken seines Mitbewerbers. Er verweist auf ein Schreiben mit dem Titel: "A lea iacta est", (der Würfel ist gefallen), das Krause an Gerichte und Staatsanwaltschaften zur Eigenwerbung verschickt hat. Der Casus Knacktus: "Staatsanwaltschaft und Gerichte könnten selbst entscheiden, welchen Gutachter sie bestellen", sagt Kleiber. Dabei liege es auf der Hand, dass private Laborleistungen günstiger sind als die einer Universität, zu deren Aufgaben es gehört, die Ausbildung angehender Mediziner mitzufinanzieren.

Indes kann Dieter Krause die Aufregung nicht nachvollziehen. "Es war ein offenes Geheimnis: Ich habe immer von Selbständigkeit gesprochen, falls die Planstellen an der Universität wegfallen. Mir ist wichtig, dass eine funktionelle Rechtsmedizin Magdeburg erhalten bleibt", sagt er.

Klinik-Direktor Thomas Klöss will sich wehren, dazu das Kultusministerium einschalten. Das beruft sich aber auf die Gesetzeslage. So sind laut Kultus-Sprecher Jens Antefuhr Tätigkeiten von Ruheständlern nach Beendigung ihres Beamtenverhältnisses nicht genehmigungspflichtig und unterlägen lediglich einer Anzeigepflicht gegenüber der letzten Dienstbehörde. "Dieser Anzeigepflicht ist Herr Professor Krause schriftlich nachgekommen", ließ Antefuhr wissen.

Das reicht Thomas Klöss nicht aus. Er verweist auf das Insider-Wissen seines Magdeburger Kollegen und auf dessen Moral. "Krause ist Pensionär des Landes Sachsen-Anhalt und als solcher zu Loyalität gegenüber seinem Dienstherren aufgefordert."