Wer parkt wo in Halle? Ärger um „exklusive“ Stellflächen im Paulusviertel
Im Paulus- und im Glauchaviertel wurden freie Stellflächen gestrichen und exklusiv für Carsharing-Autos reserviert. Was Anwohner stört und Anbieter sagen.
Halle (Saale) - Wer im Paulusviertel einen Parkplatz sucht, muss Glück haben. Zwischen den Gründerzeit-Bauten eine freie Lücke zu finden, ist für viele Anwohner mit Auto eine tägliche Herausforderung. Und die Suche dürfte jetzt noch einmal schwieriger werden: Seit kurzem wurden hier sowie im Glauchaviertel insgesamt acht ehemals freie Parkflächen exklusiv für Carsharing-Fahrzeuge reserviert. Die Stadtverwaltung setzt damit einen Stadtratsbeschluss von 2019 um, der das Angebot der gemeinschaftlich-genutzten Fahrzeuge in Halle fördern soll. Das soll nicht nur einen Beitrag zum Umweltschutz leisten, sondern auch die Parkplatznot langfristig entschärfen. Doch die Anwohner haben Zweifel an dem Konzept.
Ulrich Schlademann wohnt seit neun Jahren im Paulusviertel. Die Parkplatzsuche war für den 68-Jährigen schon immer ein Problem. Wenn er Glück hatte, habe er manchmal trotzdem direkt vor seinem Wohnhaus am Rathenauplatz parken können, sagt er. Daraus wird jetzt aber definitiv nichts mehr: Ein neues Schild und entsprechende Straßenmarkierungen weisen hier Stellflächen exklusiv für Carsharing-Fahrzeuge aus. Ulrich Schlademann kann das nicht nachvollziehen: „Das Parkplatzproblem wird seit Jahren diskutiert. Jetzt hat die Stadt noch mal Flächen weggenommen, zugunsten von zwei Firmen.“
Aktuell nur zwei Carsharing-Anbieter
In der Tat gibt es in Halle aktuell nur zwei Carsharing-Anbieter, die zwar getrennt agieren, aber im gleichen Netzwerk „Flinkster“ der Deutschen Bahn aktiv sind. Die Kunden von „Teilauto“ bzw. „Jetzt mobil“ können also auch die Fahrzeuge des jeweils anderen nutzen. Nach eigenen Angaben hätten beide Anbieter jeweils 80 Fahrzeuge in ihrer Flotte und jeweils etwa 3.000 registrierte Nutzer in Halle. „Die Nachfrage nach Carsharing ist ständig gewachsen. Bis zur Corona-Delle hatten wir ein jährliches Flottenwachstum von fünf bis zehn Prozent“, sagt „Teilauto“-Regionalleiter Götz Meister gegenüber der MZ.
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Den Unmut der Anwohner über die neuen Carsharing-Parkplätze könne er nicht nachvollziehen: „Ich finde es nicht unverhältnismäßig, wenn von 1.000 Stellplätzen fünf für Carsharing zur Verfügung gestellt werden.“ Autobesitzer hätten kein Anrecht auf einen Parkplatz direkt vor ihrer Haustür. Außerdem würde das Carsharing-Angebot das Parkplatzproblem eher verringern, wenn tendenziell weniger Anwohner ein eigenes Auto hätten.
Doch warum existieren überhaupt exklusive Stellflächen? Schließlich stehen auch zahlreiche Carsharing-Autos entweder auf größeren Parkflächen (Carsharing-Stationen) oder aber überall verteilt in der Stadt herum. Zum einen, sagt Götz Meister, bräuchten die Fahrzeuge bestimmter Carsharing-Dienste, wie auch „Teilauto“, einen festen Standort, damit die Autos längerfristig reservierbar sind. Zum anderen würde die Akzeptanz des Carsharing-Angebots deutlich abnehmen, je länger die Kunden Autos laufen müssten: „Es ist es eine wesentliche Bremse, wenn die Autos zu weit weg sind. Die Kunden wollen nicht 500 Meter bis zur nächsten Station laufen.“ (mz/Franz Ruch)