Nach 40 Tagen Trauer "als Symbol der Trauer" Anschlag in Halle (Saale) am 9. Oktober 2019: Kiez-Döner nach Anschlag wieder eröffnet

Halle (Saale) - Izzet Cagac möchte ein Zeichen setzen. An diesem Samstag und Sonntag will er mit einem großen Gedenk-Essen in seinem Dönerimbiss in der Ludwig-Wucherer-Straße die Trauerzeit beenden, die nach dem Attentat vom 9. Oktober begonnen hatte. Dafür hat er 400 Kilo Fleisch bestellt, dazu Salat und Brot. Das Essen gibt er kostenlos an alle Gäste aus, die in seinen Laden kommen, „als Symbol der Trauer“, wie der 41-Jährige sagt.
Dönerladen war seit Attentat geschlossen
Nach islamischer Tradition dauert die Zeit des Trauerns genau 40 Tage. Diese Frist endet an diesem Sonntag. Für den im Dönerimbiss getöteten Kevin S. und auch für die vor der Synagoge getötete Jana L. hat Cagac im Laden eine Gedenk-Ecke eingerichtet. Neben Blumen, Kerzen und Bildern haben dort viele HFC-Fans Schals und T-Shirts niedergelegt, Kevin S. war bekennender Anhänger des halleschen Fußballclub.
Der Dönerladen war seit dem Attentat geschlossen geblieben.
Mit dem Gedenk-Essen soll die Wiedereröffnung des Kiez Döners gefeiert werden. Doch ob der Laden nach dem Wochenende dauerhaft offen bleibt, ist noch immer fraglich. Cagac hat seinen zwei Mitarbeitern, die seit Jahren hinterm Tresen standen, das Geschäft geschenkt. Die haben sich dazu jedoch noch nicht geäußert. Sie wollen am Sonntag entscheiden, wie es weitergehen soll.
Hallenser haben viel Anteilnahme und Hilfe geboten
Aus dem Laden eine große Gedenkstätte für alle Religionen zu machen, wie vor ein paar Wochen noch im Raum stand, hätten laut Cagac die Angehörigen von Kevin S. abgelehnt, deshalb habe er von dieser Idee wieder Abstand genommen.
Die Tage seit dem Anschlag waren aufreibend für Cagac. Die Trauer nimmt er sehr ernst.
„Ich bin so erzogen worden, dass man sich respektvoll verhält, nachdem ein Mensch gestorben ist“, sagt er. Cagac ist Türke kurdischer Abstammung. Obwohl er am Tag des Attentats selber nicht im Laden anwesend war, trägt er dunkle Kleidung, trinkt keinen Alkohol und geht nicht auf Partys. „Das gehört sich einfach so“, sagt er. Von den Hallensern habe er in den vergangenen Wochen viel Anteilnahme und Hilfe bekommen, sagt er.
Kiez-Döner eröffnet mit Essen: Fleisch und Salat für bis zu 5000 Menschen
Seinen Mitarbeitern gehe es inzwischen auch wieder besser. Sie hatten einen Schock erlitten, weil sie während des Attentats im Laden Todesängste ausgestanden hatten.
Nach dem Gedenk-Essen solle langsam wieder mehr Normalität in der Ludwig-Wucherer-Straße einkehren, wünscht sich Cagac. Der Fußweg vor dem Dönerimbiss ist inzwischen wieder passierbar, die Polizeiabsperrung ist aufgehoben. Einige Blumen und Kerzen stehen jedoch noch auf der Fensterbank und um den Baum vor dem Geschäft.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kündigte an, den Laden am Samstagvormittag erneut zu besuchen. Er war am Tag nach dem Attentat gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Halle gekommen. Cagac rechnet am Wochenende insgesamt mit mehreren Hundert Gästen. Das Fleisch und
der Salat könnten für bis zu 5000 Menschen reichen, sagt er. Auf einer inoffiziellen Facebook-Veranstaltung hatten bis Freitagabend mehr als 700 Menschen angegeben, an dem Gedenk-Essen interessiert zu sein. Der Laden wird samstags und sonntags von 9 Uhr bis mitternachts geöffnet sein. (mz)