Älteste Turnerin der Welt Älteste Turnerin der Welt: Johanna Quaas aus Halle erobert die "Hall of Fame"
Halle/Oklahoma - Los geht es schon im Bett. Wenn Johanna Quaas gegen 6 Uhr die Augen aufschlägt, reckt und streckt sie sich kraftvoll und beginnt so ihr straffes tägliches Sportprogramm mit Gymnastik. Kaum auf den Beinen, schnappt sich die 89-Jährige ihre Sporttasche und radelt zum Training. „Ich kann nicht ohne“, sagt die Seniorin aus Halle. Ihr Name steht seit 2012 im Guinness-Buch der Rekorde - sie gilt als älteste Wettkampfturnerin der Welt.
Im Mai dieses Jahres erfuhr sie dann in den USA eine besondere Ehre: „Ich wurde in Oklahoma City mit dem Nadja Comaneci Award ausgezeichnet und in die „Hall of Fame“ der Turner aufgenommen“, sagt die 1,50 Meter große Athletin und zieht strahlend ein Bild von sich und ihrem Porträt in der Galerie der besten Turner der Welt hervor. Mit dem Preis sei sie für ihre langjährige und erfolgreiche Arbeit für ihre Sportart geehrt worden.
Dreifache Mutter
„Ich selbst war nie Welt- und Europameisterin, konnte aber bei meiner Arbeit im Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbereich Erfolge erreichen“, sagt Quaas. Die dreifache Mutter war Trainerin. Zwei ihrer Turnerinnen nahmen 1964 an den Olympischen Spielen in Tokio (Japan) teil, wie die 89-Jährige erzählt.
Die Leidenschaft für den Sport und das Turnen habe sie von frühester Kindheit an gepackt, sagt sie. Boden, Barren, Reck und Bank liebe sie bis heute. Erst mit 56 Jahren habe sie wieder begonnen, als aktive Turnerin an Wettkämpfen teilzunehmen. Bis heute bestreitet „Hannchen“, wie die aktiven Sportlern des SV Halle sie im Bundesleistungszentrum nennen, Seniorenwettkämpfe.
„So, Mädels, ran an den Speck“, ruft da Trainerin Gudrun Fischer den neun Frauen der Aroha-Sportgruppe lachend zu. „Rechts box, links tief“ oder „Tschak und Tschak“, „links, rechts“. Für die „Mädels“ im Alter 60 plus geht es während der Stunde nach Kommandos bei flotter Musik körperlich und geistig zur Sache. Koordination, Kraft und Ausdauer werden bei dem Trendsport Aroha trainiert, dessen Wurzeln in einem Kriegstanz aus Australien liegen.
„In Maßen essen“
Die gertenschlanke 89-Jährige bewegt sich dabei in der ersten Reihe geschmeidig und kraftvoll. „Hannchen ist der Hammer. Sie hat sich das aber auch alles schwer erarbeitet“, sagt ihre Sportkameradin Ingrid Konrad (71). Ob Walking, Wassergymnastik, Schwimmen, Hanteltraining, Atemübungen oder Trendsportarten - sie habe jeden Tag etwas anderes auf dem Plan, erzählt Quaas.
„Immer bewegen und dabei Spaß haben. Alles essen, aber in Maßen“, gibt sie der jungen Generation mit auf den Weg. Über Internetvideos, wo sie bei Seniorenwettkämpfen an ihrem Lieblingsgerät, dem Barren, turnt, bekam sie millionenfach Klicks einer weltweiten Fangemeinde.
„Ich bedauere es sehr, dass das Turnen bei der Jugend nicht mehr so beliebt ist. Es müssen nicht alle zur Meisterschaft gelangen, das Turnen ist aber so eine hervorragende Sportart, die den ganzen Menschen fordert und prägt“, sagt Quaas. Ihre Enkelin Susi (27) gesteht: „Oma war immer beim Sport, wir eher nicht.“ (dpa)