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Abschied in der Diakonie Abschied in der Diakonie: Erste Oberin in Mini und ohne Haube

Von Martina Springer 21.12.2003, 18:05

Halle/MZ. - "Es war toll, so eine Gemeinschaft zu erleben und von ihr getragen zu werden", sagt Bärbel Heisig. Und die 37-Jährige sagt es in dem Wissen, kaum der landläufigen Vorstellung über eine Oberin entsprochen zu haben. Nie gab es eine Leiterin der Diakoniegemeinschaft, die bereits mit 29 Jahren ihr Amt antrat. Nie zuvor gab es eine weltliche, verheiratete Oberin, die ohne Haube, dafür zuweilen in Jeans oder Minirock Andachten hielt. "Umso mehr ist ihr Einsatz für die Schwesternschaft zu würdigen, auch ihr Engagement in der Diakoniegemeinschaft", sagt Propst Martin Herche, Kuratoriumsvorsitzender im Diakoniewerk.

Ungewöhnlich waren schon die Umstände, unter denen Bärbel Heisig, damals Mitarbeiterin im Pflegeheim der Diakonie, zur Oberin wurde. "Ich hatte mich in einer Rede sehr kritisch mit der Arbeit hier auseinander gesetzt", erzählt sie."Als ich kurz danach per Telefon zum Rektor bestellt wurde, dachte ich: 'Jetzt kriegst du einen Rüffel'." Doch sie habe etwas ganz anderes erhalten - das Angebot, Oberin zu werden. Sie hat es, nach unzähligen Gesprächen mit ihrem Mann, der die Altenhilfe der Diakonie leitet, angenommen.

Was folgte, war "ein großer Packen Arbeit", wie sie sagt. "Aber das war mir von Anfang an klar" - immerhin seien hier 800 Mitarbeiter beschäftigt. Als Oberin gehörte sie zum Vorstand. Ihre speziellen Geschäftsbereiche waren die Kindertagesstätte und das Behindertenwohnheim, doch das Aufgabenfeld habe weit mehr umfasst. Sie sei Seelsorgerin gewesen und Sterbebegleiterin, sie habe Andachten gehalten und Aussegnungen vorgenommen, Feste und Feiern ebenso organisiert wie Bibelkurse. "Und wenn es nötig war, habe ich auch Gardinen selbst gekauft."

Nun also scheidet Bärbel Heisig aus dem Amt. Erneut kandidieren wollte sie nicht, "weil andere Strukturen geschaffen werden sollen und die neue Oberin Aufgaben haben wird, mit denen ich mich nicht so recht anfreunden konnte". Obwohl die gelernte Erzieherin der Diakonie erhalten bleibt - sie wird wieder im Bereich der Altenhilfe arbeiten -, fällt ihr der Abschied vom Amt der Oberin schwer.

Auch "um dem Ganzen ein bisschen die Traurigkeit zu nehmen", hat sie sich zum Abschied am Sonntag "statt einer langen Liste von Grußworten" einen Auftritt der Kabarettistin Ulrike Böhmer gewünscht. "Weil ich Kabarett sehr liebe, weil Frau Böhmer wie ich aus Dortmund stammt - und weil sie in ihren Programmen auch die Kirche aufs Korn nimmt."