70 Jahre Siedlergemeinschaft Rosengarten 70 Jahre Siedlergemeinschaft Rosengarten: Zum Haus gehörte ein Morgen Acker
Halle/MZ. - Günter Thurmanns Eltern, der Vater war Maurer, gehörten zu jenen arbeitslosen und kinderreichen Handwerkerfamilien, die sich von 1934 bis 1937 dort ein Haus bauten; 2 000 eigene Arbeitsstunden waren ebenso Pflicht wie die Mitgliedschaft im Deutschen Siedlerbund. Dafür gab es das Grundstück und einen Morgen Acker auf Erbbaupacht-Basis von der Stiftung Cyriaki et Antonii.
"Meine Eltern zogen am 1. September 1936 ein, ich wurde ein Vierteljahr später geboren", erzählt der frühere Tischler, der jüngste von fünf Brüdern. "Damals hatte jedes Haus nur einen einzigen Wasserhahn", erinnert er sich, "und jeder Raum eine Steckdose." Das Wohnzimmer durfte nur zu Feiertagen betreten werden; das Leben spielte sich deshalb meist in der Küche ab. Seine Eltern hatten aus Kostengründen auf dem Boden nur ein Zimmer für die Kinder ausgebaut; geschlafen wurde auf Strohsäcken.
Zum Haus gehörte ein Stall, denn der landwirtschaftliche Nebenerwerb trug zum Lebensunterhalt der Leute bei. Auch Thurmanns hielten Hühner, Enten und Kaninchen, viele Leute Schweine und Ziegen. Rasen gab es nicht; jeder Zentimeter Boden wurde zum Anbau von Obst und Gemüse genutzt.
Vorgeschrieben war zum Beispiel, im Vorgarten einen Süßkirschbaum zu pflanzen, erzählt Norbert Unruh. Der Vorsitzende der Siedlergemeinschaft "Rosengarten" weiß auch, dass die Familien bis zu 20 Kinder hatten, im Durchschnitt waren es fünf. Deshalb wurde das vorstädtische Viertel auch "Klapperstorch-Siedlung" genannt.
Ostern 1945 traf eine Bombe die Siedlung. Etliche Menschen kamen um, rund 100 Häuser wurden total zerstört oder unbewohnbar, so Norbert Unruh. Gegolten hatte der Angriff der Eisenbahnlinie, die auch heute noch unmittelbar an der Siedlung vorbeiführt. Nach dem Krieg wurden die Häuser wieder aufgebaut, hinzu kam Kanalisation, und die Schotterwege wurden befestigt. Heute sind die Häuser, in denen die zweite, manchmal schon die dritte Generation wohnt, fast alle um- und ausgebaut. Günter Thurmann jedenfalls liebt die Siedlung: "Eine schönere gibt es nicht." Natürlich feiert auch er am Wochenende, denn das wurde im Rosengarten schon immer gern gemacht.