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450 Menschen auf der Straße450 Menschen auf der Straße: Ein Zwischenfall bei Demo gegen die NSU-Urteile in Halle

Von Oliver Müller-Lorey 12.07.2018, 11:06
Gegen 22 Uhr zogen die Demonstranten durch die Geiststraße.
Gegen 22 Uhr zogen die Demonstranten durch die Geiststraße. Silvio Kison

Halle (Saale) - Als die rund 450 Demonstranten mit etwas Verspätung am Markt losziehen, ist das Urteil gegen Beate Zschäpe schon zwölf Stunden alt. Für die rechtsextremen Morde erhält sie die in Deutschland höchstmögliche Strafe, ihre Komplizen bekommen teils ebenfalls hohe Haftstrafen. Doch den Demonstranten, die am Mittwochabend durch Halle ziehen, reicht das nicht.

„Von dem harten Urteil gegen Beate Zschäpe sind wir ausgegangen, aber die Verstrickungen zwischen Verfassungsschutz und Behörden waren nie Teil des Prozesses und sind längst nicht aufgeklärt“, sagt Lukas Schulze von der Initiative „NSU-Komplex auflösen“, die die Demo angemeldet hat. Für ihn und die Demonstranten steht fest, dass Zschäpe nur ein Bauernopfer war, also wollen sie gegen einen Schlussstrich und für weitere Aufklärung kämpfen.

Um kurz nach 21 Uhr setzt sich die Menschenmasse mit Transparenten und Bildern der zehn Opfer des rechtsextremen Netzwerks in Bewegung Richtung Hallmarkt. Zunächst geht es ruhiger zu als bei früheren linken Demonstrationen. Auch der Schwarze Block, der sich hinter Sonnenbrillen und unter Kapuzen versteckt, ist nicht so stark vertreten.

Die Veranstalter hatten im Vorfeld der Demo angekündigt, zur späten Stunde auf intensive Beschallung zu verzichten. Warum sie überhaupt in der Nacht umherziehen müssen, fragen sich nicht wenige Hallenser. „Wir wollen die Perspektive der Opfer zeigen und das klappt am besten mit den Videos, die wir an Hauswände projizieren“, erklärt Schulze.

Versuchte gefährliche Körperverletzung bei Demo in Halle

Dafür müsse es nun einmal dunkel sein. Als die Planung für die Demo stattfand, habe man noch nicht gewusst, dass das Urteil in den Sommer mit spätem Sonnenuntergang fallen würde. Wäre es im Februar gesprochen worden, hätte man nicht erst um 21 Uhr begonnen, beteuert Schulze.

Der Zug ist inzwischen in der Kleinen Ulrichstraße angekommen. Aus den Kneipen und Restaurants schauen die Besucher interessiert bis argwöhnisch auf die Demonstranten, die den üblichen Sprechchören verfallen sind: „Alerta, Alerta, Antifascista“ zu deutsch: etwa „Achtung“ oder „Alarm“ rufen sie oder auch etwas radikaler „Bildet Banden, macht sie platt, Nazis gibt’s in jeder Stadt.“

Von dem eigentlichen Hintergrund der Demo, den Opfern der NSU-Morde, darunter auch der erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter zu gedenken und weitere Aufklärung zu fordern, entfernen sich Teilnehmer, die „Fuck the Police“ in Richtung der mitlaufenden Polizisten rufen. Das Bild von Kiesewetter halten sie dabei noch immer hoch.

Während des Aufzuges kam es laut Polizeiangaben zu einer versuchten gefährlichen Körperverletzung. Einzelheiten dazu konnten noch nicht genannt werden. Die Ermittlungen dauern an.

Die erste Zwischenkundgebung mit zehnminütigem Film fand in der Mitte der Geiststraße statt. Angemeldet war die Demonstration bis 1 Uhr. (mz)