125 Jahre Bergmannstrost 125 Jahre Bergmannstrost: Von der Heilstätte zur modernen Klinik

Halle (Saale) - Es war das Ereignis des Jahres 1894 in Halle: Im Süden der Stadt an der Straße nach Merseburg eröffnete das Kranken- und Genesungshaus „Bergmannstrost“. Ein Festzug aus rund Tausend Bergleuten in Galatracht, dazu 200 Ehrengäste und 80 Kutschen sowie mehrere Bergmannskapellen, war durch die Stadt vom Schützenhaus zur neuen Klinik unterwegs, berichtete damals die Hallesche Zeitung in einer Sonderausgabe.
Der Festtag war der 8. September 1894 - doch schon jetzt, mit Patientenveranstaltungen und einem Tag der offenen Tür am 18. Mai, feiert die Klinik ihr 125-jähriges Bestehen.
125 Jahre Bergmannstrost Halle: Warum war die Einweihung der Klinik damals etwas so Besonderes?
Warum war die Einweihung der Klinik damals etwas so Besonderes? Schwere Grubenunglücke mit vielen Verletzten waren damals keine Ausnahme und im Zuge der Industrialisierung und des technischen Fortschritts kam es häufig zu Arbeitsunfällen - aber an eine ausreichende ärztliche Versorgung war damals nicht zu denken.
„Das St. Elisabeth- und St. Barbara-Krankenhaus waren noch nicht errichtet. Das neu gebaute Diakonissenhaus am Mühlweg diente weiter mehr pflegerischen als medizinischen Zwecken. Ein kommunales Krankenhaus existierte noch nicht“, beschreiben Gabriele Hommel und Hans-Ulrich Dillmann die Situation um 1894 in ihrem 2014 erschienenen Buch „120 Jahre Bergmannstrost“.
125 Jahre Bergmannstrost Halle: Erste Krankenhäuser für verletzte Berg- und Industriearbeiter eröffneten
Im Zuge der Verbesserungen in der Sozialgesetzgebung erstarkten damals auch die Berufsgenossenschaften, erste Krankenhäuser für verletzte Berg- und Industriearbeiter eröffneten in Deutschland - so auch in Halle. Rechnet man den Betrag auf die heutige Währung um, so hat der 1894 eröffnete Neubau des Bergmannstrost rund elf Millionen Euro gekostet - dabei hatte es damals nur 132 Betten.
Dennoch war das Krankenhaus auf dem modernsten Stand, was Hygiene und medizinische Versorgung betraf: Hier gab es keimfreie Operationssäle, einen eigenen Stromgenerator und einen Saal mit Therapiegeräten - heute schlichtweg Physiotherapie genannt. Auch die Patientensäle wurden über eine Zentralheizung im Winter erwärmt, zudem gab es ein zentrales Frischluft-Belüftungssystem.
125 Jahre Bergmannstrost Halle: Klinik wurde schnell zu einer Erfolgsgeschichte
„Schon bald nach der Entdeckung der Röntgenstrahlen im Jahr 1895 begann der medizinische Chef des Bergmannstrost mit ersten Experimenten, um die X-Strahlen auch für die medizinische Behandlung und Diagnostik nutzbar zu machen“, heißt es in der Chronik von Hommel und Dillmann. Denn mit dem gebürtigen Münchner Maximilian Oberst als erstem leitenden Arzt des Bergmannstrost war ein Glücksgriff gelingen.
Der Professor der Uni Halle und Assistent des legendären Mediziners Richard Volkmann hatte sich schon 1881 einen Namen gemacht, als er in Halle über den Einfluss von keimfreier Behandlung nach Amputationen forschte und neue Operationsmethoden einführte. Oberst war als Nachfolger von Volkmann im Gespräch - jedoch wurde ein anderer berufen. Das war der Glücksfall für das Bergmannstrost, wo Oberst schon als Berater und ab 1894 als leitender Arzt tätig war. Oberst wurde mehrfach für seine medizinischen Leistungen ausgezeichnet.
Aber auch das Bergmannstrost wurde schnell zu einer Erfolgsgeschichte: Der Ruf der Klinik war so gut, dass immer mehr Patienten kamen und Umbauten und Erweiterungen notwendig waren. So konnten nun 300 Patienten behandelt werden. Zudem diente das Bergmannstrost im Ersten Weltkrieg als Lazarett, in dem Tausende Kriegsverletzte behandelt wurden. Erst im November 1919 wurden die letzten Kriegsopfer entlassen. (mz)