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1200 Menschen porträtiert

Von CLAUDIA CRODEL 21.01.2010, 20:34

HALLE/MZ. - Naheliegende Ziele sind nichts für Bodo Schwarzberg. Als Extremwanderer, für den Wanderungen erst ab hundert Kilometer interessant werden, hat er das immer wieder gezeigt. Einen langen Atem zeigt er aber genauso bei einem ungewöhnlichem Buchprojekt, das er bereits seit 1998 verfolgt: 1 200 Interviews hat Bodo Schwarzberg in den letzten elf Jahren mit Hallensern und Bewohnern des Saalekreises geführt.

Er hat ihren Lebensgeschichten nachgespürt und sie dokumentiert. Jetzt hat der Buchautor und Verleger den sechsten Band seiner Reihe "Profile aus Halle (Saale) und dem Saalekreis" vorgelegt. Darin stellt er auf über 500 Seiten 187 neue Interviewpartner vor.

"Ich wollte ein Zeitdokument schaffen über die Wende und die Leute, die die Wende erlebt und gestaltet haben", benennt Schwarzberg seine Intension für die Buchserie. Der 45-Jährige hat Gespräche mit Menschen aus allen Altersgruppen geführt, der jüngste war 23 Jahre alt, die ältesten weit über 80. "Es kommt mir vor allem darauf an, zu zeigen, wie meine Gesprächspartner ihre Vergangenheit in der DDR erlebt haben, wie sie mit den neuen Strukturen nach dem Mauerfall klargekommen sind und wie sie die sich bietenden neuen Chancen für sich genutzt haben", erklärt Schwarzberg.

Im sechsten Band kommen unter anderem viele Handwerker und Gewerbetreibende zu Wort. Dabei hat Schwarzberg auch traditionsreiche Familienunternehmen ausfindig gemacht, wie die bereits 1863 gegründete Verbindungstechnik-Firma Otto Linke Nachfolger, die 1902 in Spickendorf gegründete Sattlerei von Martin Häder oder das Sanitätshaus Puffpaff. Bei seiner Recherche habe ihn besonders ein Satz von Heidrun Kaufmann beeindruckt, die nach langer Arbeitslosigkeit, einen "Kaufmanns Laden" eröffnete: "Jeder Mensch kann etwas besonders gut. Und genau das sollte er vertiefen."

Auch auf andere historisch interessante Geschichten ist Schwarzberg gestoßen. Ein Kapitel widmet sich dem langjährigen Stadtrat Günter Kloss, an dem einst kaum ein staatlicher Betrieb vorbeikam, wenn es um die Verteilung der damals raren Materialkontingente ging. Kloss sprach mit Schwarzberg auch über Schwierigkeiten beim Bau der Fontäne und des Saline-Freibads. "Spannend war für mich auch das Interview mit Jens Hutterer. Am 10. November musste er als DDR-Grenzsoldat an der Berliner Mauer Dienst tun", erzählt Schwarzberg.

Prominentester Gesprächspartner war diesmal der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Naumburg, Volker Buchloh, der wesentlich an der Umstrukturierung der hiesigen Gerichte nach bundesdeutschen Maßstäben beteiligt war.

Das Buch ist in einer kleinen Auflage von 1 000 Exemplaren erschienen.

Es ist über den Buchhandel zu haben.