Zebrastreifen in Jüdenberg Zebrastreifen in Jüdenberg: Landesbaubetrieb verschiebt das Projekt erneut

Jüdenberg - Wolfgang Zemelka (Linke) redet sich in Rage. „Im Dorf gibt es nur ein Problem: der Zebrastreifen“, verkündet er im Gräfenhainichener Finanzausschuss. Der Politiker liest eine Mail vor. Demnach wird es den Fußgängerüberweg in diesem Jahr - das wurde öffentlich mehrfach versprochen - definitiv nicht mehr geben.
Als neuer Termin wird Januar oder Februar 2018 genannt. Zemelka glaubt nichts mehr. „Dann ist doch Bodenfrost“, schimpft er - und hält den dann für die nächste Ausrede.
Nach seinen Angaben wurden allein in den vergangenen zwölf Monaten drei Termine genannt: sofort zum Jahresstart - „wenn es das Wetter zulässt“, dann Oktober, dann Jahresende 2017. „Ich werde mir was überlegen“, kündigt Zemelka an. Und erinnert daran, dass er schon einmal die Bundesstraße 107 - hier fordern die Einwohner zum Schutz der Kinder den Überweg - für ein paar Minuten für eine Demo gesperrt hat.
Sepp Müller (CDU): „Das ist eine riesengroße Sauerei“
Dieses Mal müsse es noch spektakulärer werden. „Die Bürger werden verarscht und die Versprechen der Politiker ignoriert“, so das Gemeindeoberhaupt. „Das ist eine riesengroße Sauerei“, kommentiert Sepp Müller (CDU). Der Bundestagsabgeordnete empfiehlt: „Die Politik muss Druck auf die Behörde ausüben.“
Daraufhin kündigt Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) „Handgreiflichkeiten gegen einen Mitarbeiter“ der Landesstraßenbaubehörde an. Das erweist sich aber als Versprecher des Abends. Das Stadtoberhaupt wollte nur erklären, dass er „keine Handhabe“ oder die Chance einer Disziplinarmaßnahme sehe.
Er betont, dass alle Genehmigungen seit Ende 2016 vorliegen. Am 16. Januar 2017 habe er den Vertrag zur Errichtung des Fußgängerüberwegs unterzeichnet. Auch die Finanzierung sei geregelt. Die Stadt beteilige sich - damit das Projekt schneller verwirklicht werden kann.
Wolfgang Zemelka kennt den Kampf um eine Verkehrsberuhigung in Jüdenberg von Beginn an. „Anfang der 1990er Jahre wollten wir eine Ampel. Wir waren auch bereit, sie zu bezahlen und haben das Geld in den Haushalt eingestellt“, so der Bürgermeister. Es hilft nichts. Die Ampel wird genauso wie später eine Tempo-30-Zone abgelehnt. Zemelka schlägt vor 19 Jahren im Gemeinderat einen Kompromiss vor: den Fußgängerüberweg.
Seitdem kämpft er für diese Lösung und hat großen Rückhalt im Dorf. Das belegen Unterschriftensammlungen und eine Demo. 150 Menschen sperren die B 107. Auf den Transparenten steht „Schulwegsicherung geht alle an“ und „Auch Rentner benötigen Verständnis“. Vor Ort erklärt niemand, warum sich Landesbehörden mit aller Macht gegen einen sicheren Weg zur Schule oder Kita sperren.
Schilling vermutet: „In einer Verwaltungsbehörde sitzt ein Mensch, der alles daran setzt, dass es zu Verzögerungen kommt.“ Der sitze zwar jeden Tag an seinem Arbeitsplatz, mache aber seine Arbeit nicht. „So wird Politikverdrossenheit geschürt“, sagt Schilling.
Wer die emotionale Debatte verfolgt, gewinnt nicht den Eindruck, dass es tatsächlich noch um Politik geht. Scheinbar handelt es sich eher um eine Privatfehde, die auf Kosten der Sicherheit der Kinder ausgetragen wird. „Das sind schwerste Vorwürfe“, sagt Peter Mennicke, Sprecher des Verkehrsministeriums.
An der Ausschreibung für das Projekt Zebrastreifen wird gearbeitet
Der Mann, der von den Kommunalpolitikern scharf attackiert wird, ist namentlich nicht erwähnt worden. Es ist möglicherweise Oliver Grafe. „Es ist das Leid der Leiter“, gibt er sich im Gespräch mit der MZ gelassen und outet sich als Absender der E-Mail, die so große Empörung ausgelöst hat. „Die habe ich aber an Herrn Schilling geschickt“, sagt er. Im MZ-Gespräch kann er plausible Gründe für die Verzögerungen nennen.
„Der Landeshaushalt 2017 wurde erst sehr spät beschlossen“, begründet er die erste Verschiebung. „Dann wurde festgestellt, dass der ausgewählte Standort nicht sinnvoll ist.“ Eine Alternative - es geht um eine Verlegung von 15 Metern - ist inzwischen gefunden. Jetzt werde an der Ausschreibung gearbeitet. „Bei einem Fußgängerüberweg geht es nicht nur um die Markierungen, sondern auch um das Setzen von Masten und der Beleuchtung.“
Nach der tödlichen Tragödie an der Kreuzung Bergwitz konnte schneller und unbürokratischer gehandelt werden. Den Vergleich lehnt Grafe ab und betont, dass der Überweg das anspruchsvollere Vorhaben sei. Indes äußern Schilling und Siegfried Borgwardt, CDU-Fraktionschef im Landtag, Zweifel, ob tatsächlich eine Ausschreibung notwendig ist. Für Borgwardt ist in Sachen Termin das letzte Wort noch nicht gesprochen. (mz)