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Ort nicht mehr erreichbar Ort nicht mehr erreichbar: Der Schilderstreich von Gräfenhainichen

Von Michael Hübner 16.05.2018, 11:45
Die Gräfenhainichener Pumperbrücke ist derzeit voll gesperrt. Am Montag waren aber auch die anderen Wege nach Mescheide gesperrt.
Die Gräfenhainichener Pumperbrücke ist derzeit voll gesperrt. Am Montag waren aber auch die anderen Wege nach Mescheide gesperrt. Thomas Klitzsch

Gräfenhainichen - Es gibt keinen Weg zurück! Diese Erkenntnis erlebten Autofahrer, die am Montag nach der Arbeit nach Mescheide oder Buchholz heim fahren wollten. Überall stoppten Sperrschilder die Fahrt in den Feierabend. Das Problem ist die Vollsperrung der B 107 wegen Sanierungsarbeiten.

An der Kreuzung B 100/B107 sind die Bauarbeiten zu sehen. Die Fahrbahn ist abgefräst. Hier geht es nicht lang.

Endstation Pumperbrücke

Doch die Pumperbrücke - die kürzester Verbindung zwischen Gräfenhainichen und Mescheide - ist ebenfalls gesperrt. Zwar wird hier am Montagabend nicht gearbeitet. Trotzdem ist auch diese Zufahrt zu. Der Gräfenhainichener Tankwart Matthias Dönicke ist empört: „Das ist ein Schildbürgerstreich. Nur noch per Hubschrauber geht es in die Orte“, schimpft er.

Selbst die Polizei könne nicht helfen und verweise auf den Landkreis. In Wittenberg ist der zuständige Mitarbeiter nicht mehr zu erreichen, kann sich so nicht verteidigen. In der Theorie gibt es nämlich eine genehmigte Umleitungsstrecke, die führt von Gräfenhainichen über die Heidedörfer Gröbern und Schmerz. Endstation ist hier aber bereits in Schköna.

Die Vollsperrung der B 107 wird angekündigt. Die Karte zeigt die ausweglose Situation am Montagabend. In Schköna steht allerdings auf einem Zusatzschild „Frei bis Hohenlubast“. „Besser wäre frei bis Mescheide“, sagt Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU), der die Beschilderung als suboptimal bezeichnet. Die Info auf dem umstrittenen Schild ist durchaus korrekt. Denn ab Hohenlubast ist die B 107 tatsächlich voll gesperrt. Aber hier ist ein Schild „Frei für Anlieger“ zu lesen.

Doch selbst die Umleitung - wenn sie funktionieren würde - wird von den Betroffenen als Zumutung empfunden. „Wegen 300 Metern sollen wir zusätzlich 18 Kilometer fahren?“, zeigt sich Sven Jahnke wenig begeistert. Der Mann ist auch als Unternehmer betroffen. „Wir müssen rechtzeitig informiert werden“, fordert er. Das treffe auch auf Pizza-Lieferdienste oder die Post zu.

„Die Menschen sind sauer und verstehen die Welt nicht mehr. Mit einer riesigen Umleitung konnten die Bürger in ihre Straße hineinfahren, aber die Ausfahrt wurde ihnen untersagt. Es waren alle Anwohner hinter dem Gräfenhainichener Bahnhof betroffen. Es ist ein unglaublicher Schildbürgerstreich anders kann ich es nicht sagen“, so René Schmidt (Grüne).

Der Stadtrat hat sich am Montagnachmittag nach eigenen Angaben mit der Stadt, dem Landkreis und der verantwortlichen Baufirma in Verbindung gesetzt. „Leider ohne Erfolg. Es war ein Trauerspiel, verantwortlich will keiner sein, und eine Lösung war auch nicht in Sicht“, so Schmidt.

Die Info, dass das alles bis zum 26. Mai so bleiben soll - also keiner kommt nach Mescheide oder kann den Ort verlassen - sorgt für unbeschreiblichen Unmut. Schilling trifft am Abend mit der Polizei eine Entscheidung: die Jösigkstraße wird geöffnet.

Bei Schmidt bleibt das Kopfschütteln über die Vollsperrung der B 107. „Ich verstehe nicht, warum hier nicht nur eine Fahrspur erneuert und gesperrt wird und danach die zweite. Mit einer Ampel hätte der Verkehr geregelt werden können, so wäre zumindest jeder an sein Ziel gekommen, ohne einen Umweg von gut 20 Kilometern“, so der Stadtrat.

„Vor zwei Jahren wäre das noch gegangen. Jetzt verlangt der Gesetzgeber dafür eine Straßenbreite von 8,50 Metern“, erklärt Ulrich Adolf. Das ist der Mann, der in der Kreisverwaltung die Lizenz zum Sperren hat. Er ist gemeinsam mit der Polizei am Dienstag vor Ort.

Sein Fazit: Die Anlieger seien nicht rechtzeitig informiert worden. Zuständig dafür sei die Baufirma. Die „Anlieger-Information“ hat das Datum vom 14. Mai - den Tag des Baustarts. „Die Einwohner von Buchholz und Hohenlubast zeigten sich informiert. In Mescheide war das nicht der Fall“, so Adolf.

Daraufhin werden Handzettel verteilt. „Der Anliegerverkehr nach Buchholz, Mescheide, Wohngebiet Jösigker Straße und Hohenlubast wird aufrecht gehalten“, wird versprochen. Bei den Sperrschildern fehlt am Montag allerdings der Hinweis: „Frei für Anlieger.“ Das soll nachgeholt werden, so Holger Zubke, Fachbereichsleiter im Landrastamt.

Arbeiten dauern bis Freitag

Trotz des Schilderstreits gehen die Arbeiten am Dienstag zügig voran. Jetzt ist tatsächlich die Pumperbrücke nicht mehr passierbar. Mescheide - und damit auch Buchholz - ist allerdings über die Dübener Straße noch gut erreichbar. Adolf geht davon aus, dass die B 107 bereits am Freitag wieder genutzt werden kann. „Ab Samstag kann die hergestellte Fahrbahn vom Abzweig Mescheide in Richtung B 100 wieder befahren werden“, so die Baufirma.

Allerdings bleibe die Strecke bis zur endgültigen Freigabe am 16. Juni offiziell Baustellenbereich. Dann ist für rund 1,5 Millionen Euro laut Peter Mennicke die Fahrbahndecke des knapp 15 Kilometer langen Abschnitts von Schwemsal, ab der B 183, bis zur B 100 erneuert. „Gebaut wird nur an der freien Strecke. Das heißt, in Schköna wird nicht gearbeitet“, so der Sprecher des Wirtschaftsministeriums. (mz)