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Hunde in Gräfenhainichen Hunde in Gräfenhainichen: Bagatellsteuer vor dem Aus?

Von Michael Hübner 10.01.2018, 11:25
Im Gräfenhainichener Hundesalon von Petra Boers wird ein Zwergpudel frisiert. Aber auch für tierische Schönheiten wird die Steuer teurer.
Im Gräfenhainichener Hundesalon von Petra Boers wird ein Zwergpudel frisiert. Aber auch für tierische Schönheiten wird die Steuer teurer. Thomas Klitzsch

Gräfenhainichen - Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) ist nicht besonders gut auf den Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalts zu sprechen. Die Magdeburger sehen die Hundesteuer „äußerst kritisch“ und fordern auf ihrer Homepage die Abschaffung. „Das ist eine kommunale Steuer, das heißt die Einnahmen kommen der Stadtkasse zu Gute“, so das Stadtoberhaupt.

Auch daraus werde versucht, das gesellschaftliche Leben im Ort am Laufen zu halten. Die Kritiker monieren dagegen, dass die Hundesteuer nicht zweckgebunden sei und sie nicht zur Wegebereinigung von Hundekot benutzt werde, sondern in den allgemeinen Haushalt der Kommune fließe.

Schilling dagegen betont, er würde sich freuen, wenn der Bund der Steuerzahler eine Debatte anrege, wie durch die Umverteilungen diverser Steuereinnahmen zugunsten der Kommune der städtische Etat gefüllt werde.

Der Verwaltungschef widerspricht aber auch den Magdeburgern in einem weiteren Punkt vehement. Die Kritiker schreiben auf ihrer Homepage: „Der Bürokratieaufwand bringt den Kommunen unterm Strich kaum etwas ein und sorgt bei vielen Bürgern für Verdruss.“

„Das Schreiben der Bescheide macht noch die wenigste Arbeit“, entgegnet Schilling. Das Erstellen des Hunderegisters oder Fragen der Versicherungspflicht sind da viel aufwendiger. „Wenn diese administrative Arbeit wegfällt, kann auch über das Streichen der Hundesteuer nachgedacht werden“, so Schilling.

Einstimmig beschlossen

Der Gräfenhainichener Stadtrat hat sich in seiner letzten Sitzung 2017 nach kontroverser Debatte - die Abstimmung fiel allerdings einstimmig aus - für einen anderen Weg entschieden. Die Gebühren pro Hund werden um zehn Euro angehoben.

„Wir müssen konsolidieren“, sieht CDU-Fraktionschefin Petra Kuhnert keine Alternative. Allerdings kann auch mit diesem Votum kaum das fast Zwei-Millionen-Euro-Loch gestopft werden. Professor Christian Bührdel (Linke) sieht darüber hinaus „massenhaft schwarze Schafe“, also Menschen, die ihre Vierbeiner nicht anmelden, um sich die ungeliebte Steuer zu sparen.

„Es werden sowieso nicht alle Hundehalter erfasst oder können ermittelt werden. Der Ehrliche ist letztlich der Dumme“, so der Steuerzahlerbund. Das Netz in Gräfenhainichen sei engmaschig. „Zahlungsunwilligen drohen darüber hinaus hohe Strafen“, entgegnet Schilling, der nun 2018 für seine zwei Vierbeiner insgesamt 20 Euro mehr berappen muss - und das für seinen „Klingelersatz“.

So nennt der Bürgermeister sein Duo scherzhaft, weil die Vierbeiner als Wachhunde deutliche Reserven haben. Als mal ein Dieb nachts den Vorgarten des Stadtoberhauptes plünderte, war kein Laut zu hören. Gerade Sicherheitsfragen können aber in einer ländlichen Gegend ein Grund sein zur Hundehaltung.

Vielleicht war deshalb auch Gräfenhainichen bisher gemeinsam mit Tangermünde, Zerbst und Gommern mit 30 Euro am günstigsten in Sachsen-Anhalt. Auch beim zweiten Hund, der bisher mit 40 Euro zu Buche schlug, ist Gräfenhainichen mit der Gemeinde Muldestausee am erschwinglichsten.

Übrigens hat der Bund der Steuerzahler auch einen Tipp parat für jene, die ihren Liebling von einem Betreuer ausführen lassen. Diese Kosten lassen sich als haushaltsnahe Dienstleistung in der Einkommensteuer absetzen.

Übrigens auch im Dessauer Rathaus steht man dem Vorstoß der Bundes der Steuerzahler skeptisch gegenüber. „Man kann sicher fragen, warum gerade Hunde und nicht Katzen“, gibt Finanzbürgermeisterin Sabrina Nußbeck zu. Fakt sei aber, dass für die Hundekotbeseitigung noch immer hauptsächlich die allgemeine Stadtreinigung zuständig sei. „Und deren Kosten trägt der Stadthaushalt.“ Für die Mindereinnahmen müsste es also auch einen Ersatz geben.

1 650 Mahnungen verschickt

Die Stadt Dessau verlangt eine Steuer von 90 Euro für den ersten Hund, 180 Euro für den zweiten Hund und 700 Euro für einen gefährlichen Hund und hat in den vergangenen Jahren zwischen 388.000 Euro (2014) und 423.000 (2017) eingenommen. Allerdings hat die Kommune mit der Zahlungsmoral der Hundebesitzer zu kämpfen. Jährlich gibt es etwa 4.400 „Veranlagungen“ - für diese mussten 1.650 Mahnungen verschickt werden.

Wie viele Hundebesitzer ihre Vierbeiner nicht angemeldet haben, ist offen. „Darüber kann ich keine Prognose wagen“, sagte Nußbeck. Es werde sicherlich eine Dunkelziffer geben. Aufgrund der guten Zusammenarbeit zwischen dem Amt für öffentliche Ordnung und Verkehr und dem Amt für Stadtfinanzen halte sich die aber in Grenzen.“

Wird bei einer Kontrolle festgestellt, dass ein Hund keine Steuermarke trägt, fordert das Steueramt den Besitzer auf, den Hund anzumelden. Sollte dies nicht innerhalb der gesetzten Frist geschehen, kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden. Davor gibt es aber nochmals eine Erinnerung. (mz)