Historie in Gräfenhainichen Historie in Gräfenhainichen: Auf Spurensuche nach Paul Gerhardt

Gräfenhainichen - Wer war Paul Gerhardt? Die Frage beschäftigt die Fünftklässler an Gräfenhainichens Schulen. Die sind Ende Mai aufgefordert, dem Mann ein musikalisches Ständchen zu bringen. „Aber ich merke immer wieder, dass sie noch gar nicht richtig wissen, mit wem sie es dabei zu tun haben“, erklärt Wilma Deißner.
Sie ist Vorsitzende des Paul-Gerhardt-Freundeskreises und eine der Personen, die das Liedersingen zu Ehren des großen Sohnes der Heidestadt auf den Weg gebracht haben. Vorbereitend darauf möchte sie den Mädchen und Jungen die Augen öffnen. „Sie sollen ein Stück Heimatgeschichte erfahren,“ beschreibt sie ihr Anliegen, die Schüler zur Spurensuche einzuladen. Wilma Deißner ist mit Leib und Seele bei der Sache. Auch wenn Unterricht außerhalb des klassischen Klassenzimmers eine Herausforderung ist. Schüler nutzen gewöhnlich den Freiraum, den ein Ausflug in die Geschichte bietet.
Am 12. März jährt sich der Geburtstag des Gräfenhainichener Kirchenlieddichters Paul Gerhardt zum 409. Mal. Die Kulturbande der Stadt lädt zur Kultur- und Erlebnisnacht, die in diesem Jahr unter anderen von The Cashbags mit ihrem Johnny-Cash-Revival und dem Damen-Duo „Meine Herrn“ bestimmt wird. Fix ist außerdem der Auftritt von „Wake up“ mit dem Krinaer Pfarrer Albrecht Hennig.
Weitere Details unter: www.erlebnis-nacht.de
Gräfenhainichen hat eine bewegte Geschichte. Hier wurde Paul Gerhardt, der Kirchenliederdichter, geboren. Einst war die Stadt nicht nur von zahlreichen Mühlen umgeben sondern auch die Stadt des Buchdrucks. An einigen Stellen in der Kernstadt können Einheimische und Gäste der Stadt bei einem Spaziergang Tafeln mit Bildern und Erläuterungen entdecken und in die Geschichte Gräfenhainichens eintauchen. So ist an der Stadtbibliothek einiges über das Druckerhandwerk zu erfahren und am neugestalteten Areal an der Schlossstraße alles über Mühlen. (mz/tkl)
Der wohl bedeutendste deutsche Kirchenlieddichter erblickte am 12. März 1607 in Gräfenhainichen das Licht der Welt. Nur wo? Man müsse genau hinschauen oder die Phantasie spielen lassen, empfiehlt sie, denn Paul Gerhardts Geburtshaus steht nicht mehr. „Aber an der Stelle gibt es heute eine Erinnerungstafel.“ Wilma Deißner rät, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen. Auf dem Boulevard werden die Schüler fündig.
Kleine Tafel, großer Name. Dazu ein Haus, eine Kapelle und ein Gymnasium, die seinen Namen tragen. Paul Gerhardt muss ein besonderer Mensch gewesen sein. „Er hat Theologie studiert.“ Die Fünftklässler erleben Unterricht im Unterricht. War eben noch vom großen Sohn der Stadt die Rede, geht es nun um die Frage, was man nach einem Theologiestudium alles anstellen kann. Gerhardt traf seine Wahl. Er wollte Pfarrer sein. Aber auch vor 400 Jahren bot das Leben genügend Stolperstellen.
Der Dreißigjährige Krieg tobte. Städte und Kirchen brannten. Gräfenhainichen kam nicht davon. Dass Paul Gerhardt in den Wirren des Krieges Feldprediger war, kann nur vermutet werden. Fest steht, dass er seinen Lebensunterhalt zunächst als Hauslehrer verdiente. Gräfenhainichen, Grimma, Wittenberg, Berlin, Lübben: Es sind die Orte, die wichtige Stationen im Leben des Kirchenmannes symbolisieren. Die Fünftklässler aus der Ferropolisschule sind die ersten Schüler ihres Jahrgangs, die sich auf Schautafeln in der Paul-Gerhardt-Kapelle über das Leben des großen Gräfenhainichener Sohnes informieren. Ihnen gleich werden es die Mädchen und Jungen aus der Peter-Petersen-Schule, der Schule „An der Lindenallee“ und dem Paul-Gerhardt-Gymnasium tun. Sie alle tauchen in Begleitung Wilma Deißners ein in die Geschichte der Heidestadt.
Dass der Nachwuchs nach anderthalb Stunden Unterricht in der Kapelle, auf dem Boulevard und in der Stadtkirche fit in Sachen Paul Gerhardt ist, verlangen weder Lehrer noch Stadträtin Deißner. Letztere hofft jedoch, mit den Ausführungen über den Kirchenmann den Nerv der Schüler getroffen und wenigstens einen Teil von ihnen neugierig auf mehr gemacht zu haben.
„Zumindest wissen sie jetzt, wessen Lieder sie lernen und Ende Mai zusammen mit den anderen vortragen“, sagt Wilma Deißner.
Gemeinsames Singen schadet nicht und macht die Seele frei. „Geh aus mein Herz und suche Freud.“ Paul Gerhardt ist in aller Munde. (mz)