Bürokratie am Gröberner See Bürokratie am Gröberner See: Nicht vom Rand springen

Gräfenhainichen - Schwimmen verboten - das gilt zumindest für denjenigen, der vom Ufer Gräfenhainichens auf den Gröberner See blickt. Wer das Schild nicht einfach ignorieren will, muss sich einige hundert Meter weiterbegeben, bis er den Landkreis Wittenberg verlassen und den Kreis Bitterfeld-Wolfen erreicht hat.
Auf der Mitte des Sees markiert eine Bojenkette die Grenze. Und ab hier darf Boot gefahren, geschwommen und getaucht werden. Das Kuriosum soll sich bald ändern - auch wenn das nicht alle Beteiligten glücklich stimmen dürfte.
Behörden und Eigentümer ringen seit Jahren um die Hoheit der beiden Seen um Gräfenhainichen. Beide sind aus ehemaligen Tagebauflächen entstanden. Wegen verschiedener rechtlicher Bestimmungen unterliegen beide bis heute dem Bergrecht, das strikt keine Bebauung oder Nutzung erlaubt. Das Bergrecht erlischt erst, wenn vorher festgesetzte Vorgaben erfüllt werden. Dazu gehören unter anderem der Wasserstand und die Beschaffenheit der Böschung. Nur: Auf Bitterfelder Seite ist das Ufer bebaut, Baden erlaubt und ein Strand angelegt. Jenseits der Bojen, auf Wittenberger Seite, ist das all das verboten.
Blausee haftet
Das ist möglich, weil der Eigentümer, die Blausee GmbH, auf Bitterfelder Seite vor einigen Jahren in Haftung ging. Soll bedeuten: Rutscht das Ufer ab, haftet die Firma, nicht das Bergamt. Zudem zeigte das Land Interesse an der touristischen Erschließung der Tagebau-Seen - 1,8 Millionen Euro Fördergelder vom Land gab es für die am Südufer des Gröberner Sees gelegenen Anlagen des „See- und Waldresorts“.
„Es kann nicht im Sinne des Erfinders sein, wenn wir durch so viele Vorschriften ausgebremst werden“, sagt Hans-Martin Oettinger, Geschäftsführer der Blausee GmbH, der Greminer und Gröberner See gehören. Das Unternehmen, das einem Immobilien-Milliardär aus Süddeutschland gehört, kaufte eine Reihe von Ex-Tagebau-Seen in Mitteldeutschland, um diese zu „entwickeln“, wie es im Unternehmersprech heißt. Meint: Ferienhäuser, Strände, Naherholung.
Am Südufer habe man 17 Millionen Euro investiert. 30 Arbeitsplätze hängen laut Blausee daran. „Am Nordufer würden wir auch gerne aktiv werden“, sagt Blausee-Chef Oettinger. Einen Strand würde der Eigentümer gerne anlegen, vielleicht sogar ein paar Ferienhäuser bauen. Das geht allerdings erst, wenn die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau- und Verwaltungsgesellschaft (LMBV) ihr Okay gegeben hat.
Endwasserstand erreicht
Die Gesellschaft teilt auf Anfrage mit, dass der Endwasserstand am Gröberner See inzwischen erreicht sei. Noch wird dieser allerdings über eine Pumpstation gehalten, künftig soll der Wasserstand dann über einen freien Ablauf an den Tagebausee Barbara angebunden werden. Dazu laufen noch die Ablaufplanungen. Auch die Lücke des Hauptwirtschaftsweges im Bereich der Bahntrasse müsse erst noch geschlossen werden, bevor die Sanierung abgeschlossen sei.
Die Wasserfläche steht wiederum auf einem anderen Blatt. Hier ist die untere Wasserschutzbehörde des Kreises zuständig. Und die teilt mit, das Baden bleibe vorerst verboten, weil die Zuwegung zum Wasser - konkret: die Böschung - zu instabil sei. Noch im März vergangenen Jahres war ein Stück des Ufers im Südosten weggerutscht.
Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) hofft allerdings, dass es bald auch eine Genehmigung zum Gemeingebrauch für den Teil des Sees gibt, der im Kreis Wittenberg liegt. „Man könnte dort viel weiter sein“, sagt er und verweist auf die Genehmigung für das Gewässer, die bereits im angrenzenden Bitterfelder Teil gilt. „Die bräuchte man doch eigentlich nur kopieren und das Logo des Wittenberger Landkreises darüber setzen“.
Wohl keine Entscheidung 2019
In der Tat werde das von der Wasserschutzbehörde derzeit geprüft, teilte der Sprecher des Landratsamtes, Ronald Gauert mit. Das würde dann allerdings bedeuten, dass nur die Kette mit den Bojen in Ufernähe versetzt würde. Schwimmen könnte man also im gesamten See - auch im Wittenberger Teil. Nur an Land gehen dürfte man weiterhin nur im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Ob das so komme, wolle man aber erst noch prüfen. Und: Ein Beschluss in diesem Jahr gilt als unwahrscheinlich.
Im Gremminer See bei Ferropolis im Norden Gräfenhainichens ist das Genehmigungsverfahren längst nicht so weit. Dort ist der erforderliche Wasserstand laut LMBV nicht erreicht. Inzwischen erwäge man, die Vorgaben herabzusetzen, weil diese utopisch erscheinen. Hier allerdings darf hin und wieder gebadet werden - an zwei Stellen, wenn zuvor Sonderanträge gestellt werden. Das gilt beispielsweise für Festivals in Ferropolis.
(mz)