14. Kultur- und Erlebnisnacht 14. Kultur- und Erlebnisnacht: Zum Feste das Beste

Gräfenhainichen - Die Nacht der Nächte in der Heide hat Gräfenhainichen für sich gepachtet. Anfang März wird ordentlich aufgetischt und der Kirchenlieddichter Paul Gerhardt gefeiert. Vor 411 Jahren hatte der das Licht der Welt erblickt. Applaus für den großen Sohn der Heide. Applaus aber auch für die Kulturbande, deren Mitglieder nun zum 14. Mal eine ganz besondere Party auf die Beine gestellt haben.
Eine Erlebnisnacht ist zunächst eine Sache für Nachtschwärmer. Zumal die Geburtstagssause durch den fest eingeplanten Absacker von vornherein mit offenem Ende angesetzt war. Sie ist aber vor allen Dingen ein Pflichttermin für Kulturliebhaber, die sich einlassen auf ein Spiel mit der Kultu(h)r.
Kultur mal anders. Das ist das Erfolgsrezept der Kulturbande um Michael Walther. An acht Spielorten luden auch in diesem Jahr Künstler unterschiedlichster Couleur zum Verweilen und Mitmachen ein. Viermal traten sie im Stundentakt vors Publikum: die Kultu(h)r im Blick. Großer Uhrzeiger im grünen Bereich: Alles ist perfekt. Rot ist fast schon kritisch.
„Wir müssen uns sputen“, meint Annegret Lange in der Aula der Ferropolisschule. Kulturnacht ist auch eine sportliche Herausforderung. „Wir wollen heute noch in die Aula des Gymnasiums, ins Vereinshaus und die Paul-Gerhardt-Kapelle“, erzählt die Dessauerin und outet sich als Kennerin der Nacht der Nächte. „Du musst schon vorher überlegen, was du anschauen möchtest. Alle acht Spielstätten sind auch theoretisch nicht drin in vier Stunden.“
Paul Gerhardt wurde am 12. März 1607 in Gräfenhainichen geboren. Nach Schule und Studium wurde der Heidestädter Hauslehrer und Pfarrer in Mittenwalde, Berlin und Lübben. Dort starb Paul Gerhardt am 27. Mai 1676. Der Theologe gilt als bekanntester deutschsprachiger Kirchenlieddichter. Er hinterließ mehr als hundert Liedtexte und Gedichte, die unter anderem von Johann Sebastian Bach vertont wurden. Auf Initiative der Kulturbande wird Paul Gerhardts Geburtstag seit 2005 mit der Kultur- und Erlebnisnacht gefeiert. Die Kulturbande war zunächst ein loser Bund von Kulturinteressierten. Seit 2014 ist sie ein eingetragener Verein.
Aber genau das ist der Reiz des Spiels. „Jeder kann glücklich werden“, sagt Michael Walther. Auf der Bühne legt sich Lenard Streicher samt Band ins Zeug. „Es ist leicht, zu essen, zu trinken, die Hand der Freundin zu halten. Aber das hier ist auch Ballroom.“ Klare Ansage. Tanzen ist erwünscht. Swing, Boogie, Rock´n´Roll. Die Aula bebt. So soll es sein in der Nacht der Nächte.
Überhaupt bekam das Mitmachen dieses Jahr noch mehr Gewicht als bei den vergangenen Auflagen. Beispiel Monsieur, der mit Pianistin Nora Born den städtischen Vereinsraum unsicher machte. Keine Worte, dafür aber Blicke. Monsieur ist ein Meister seines Fachs. Er jongliert, spielt und fordert seine Gäste. Zwei Leitern ordentlich vom Publikum gehalten.
Dazwischen ein Seil gespannt. Seiltanz mal anders. Geht doch und kommt an. „Wahnsinn. Komisch und akrobatisch“, hält Hagen Fenner mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.
Es geht Schlag auf Schlag. Zwischenstopps sind eigentlich nicht drin. Sie lohnen aber durchaus. Im Buchdruckmuseum erklärt Harald Kloth die Geheimnisse der schwarzen Kunst. Im alten Reinhardschen Anwesen machen die Mitglieder des Vereins „Historische Bauschlosserei und Schmiedewerkstatt August Reinhard“ die Nacht zum Tage.
Der Schmied arbeitet über glühenden Kohlen. Es gibt hausgemachten Speckkuchen und allerhand Getränke. Die Musik steuern „Katie und Lasse“ aus Leipzig bei: handgemacht und live, versteht sich.
Zum Geburtstag werden Wünsche wahr. So ist das im Leben, so ist das auch zur Jubelfeier für Paul Gerhardt. Die Aula des Paul-Gerhardt-Gymnasiums gehört Drugmiller´s Bigband. „Tolle Location. Tolle Stimmung. Tolle Organisation. Das muss man mal sagen“, frohlockt Bandmitbegründer Burkhard Hammermann. „Swing ist in“, fügt er hinzu und erlebt eine von kurzer Hand inszenierte Premiere.
Michael Walther und Tochter Anne haben aus ihrer musikalischen Leidenschaft nie ein Geheimnis gemacht. Zur Feier des Tages stimmten sie zusammen mit der Bigband ihr Loblied auf die Nacht der Nächte an. Jubel, Trubel, Heiterkeit.
„Da haben sie viel Kultur erlebt. Wir sorgen jetzt für den Ausgleich.“ Thomas Braun von „Die Herren“ spart nicht mit Humor. Im Gegenteil. Humor ist Programm der Combo aus dem hohen Norden. Ordentlich Witz, reichlich Spiel mit dem Publikum. Und Paul Gerhardt schaut zu. Das Ölgemälde im Hintergrund zeigt den Kirchenmann.
Fehlt eigentlich nur, dass er beim „kleinen grünen Kaktus“ mit den Augen gezwinkert oder auch über die Vorzüge der Erika sinniert hätte. Hat er nicht. Ob die Kultu(h)r Schuld hatte? Die Antwort bleibt aus. Zeiger im roten Bereich. Schluss für heute. Wer weiterfeiern möchte, ist bei der Absackerparty willkommen. (mz)