Erster Schnee Erster Schnee: Tempel und Schiefer Turm - Azubis aus Indonesien bauen eisige Kunstwerke

Grosspaschleben - Der Schiefe Turm von Pisa ist umgekippt, das Brandenburger Tor in sich zusammengesunken. Die Plusgrade setzen den Schneeskulpturen auf dem Gelände des Paschlewwer Freizeit- und Ferienhofes sichtlich zu. Eine Woche lang haben die Auszubildenden an ihren Werken gearbeitet.
Schnee. Und dann noch richtig viel davon. Der Wetterbericht ließ die jungen Leute aus Indonesien vor anderthalb Wochen aufhorchen. Aus ihrer Heimat kennen die 21- bis 27-Jährigen überhaupt keinen Schnee. „15 Grad sind bei uns schon kalt“, erzählt I Kadek Sartika Yasa. Seine Heimat ist Bali. Auf der Insel im Indischen Ozean sind aktuell 25 bis 30 Grad.
Azubis hatten den Schnee sehnsüchtig gewartet
An dem Abend, als die weiße Pracht sich über Mitteldeutschland legen sollte, standen die Auszubildenden am Fenster. Sehnsüchtig und gespannt zum Himmel blickend. In der Nacht zum Sonntag sollte der Schnee kommen. „Wir haben schon gewartet“, erzählt der angehende Restaurantfachmann. Zunächst passierte nichts. Am nächsten Morgen die Überraschung. Alles war weiß. Eine zentimeterdicke Schicht hatte sich über den Freizeit- und Ferienhof gelegt.
Die junge Leute stürmten nach draußen. Warm eingepackt - mit Jacke, Mütze und Handschuhen. Sie staunten über die weiße Winterpracht, warfen sich Schneebälle zu und bauten einen Schneemann. Ein schwieriges Unterfangen. Der Pulverschnee eignete sich nämlich nicht besonders, um etwas zu formen. Er sackte sofort in sich zusammen.
Die Auszubildenden waren jedoch erfinderisch. Sie stopften den Schnee in Eimer und drückten dann das weiße Pulver fest. Sie stülpten die Eimer um, stapelten mehrere ihrer vorgeformten Schneeberge übereinander, besprühten das Ganze mit Wasser. „Wir haben einfach probiert“, sagt I Kadek Sartika Yasa. Wasser und Minusgrade machten aus dem Schnee feste Blöcke, die bearbeitet werden konnten.
„Ich hätte nicht gedacht, dass es so schöne Dinge werden.“ Dem Schneemann, ihrem allerersten Kunstwerk, folgten einige Tiere. Die Auszubildenden bauten einen indonesischen Tempel, außerdem Wahrzeichen aus Europa. Den Eiffelturm, das Brandenburger Tor, den Schiefen Turm von Pisa.
„Jeden Tag kamen neue Figuren dazu“, sagt Kerstin Nickel, die mit ihrem Mann den Paschlewwer Freizeit- und Ferienhof in Großpaschleben betreibt. Die jungen Indonesier wollten eigentlich noch das Kolosseum bauen. Die Plusgrade machten diesen Plan jedoch zunichte.
Von 10 bis 17 Uhr hatten die Auszubildenden damit täglich gut zu tun. „Wenn wir die normalen Öffnungszeiten hätten, wäre diese Zeit nicht gewesen“, merkt die Chefin an. Wegen der Corona-Krise mit ihren Einschränkungen darf der Freizeit- und Ferienhof momentan jedoch keine Besucher empfangen. Und das nun schon seit November.
Der Schnee brachte Abwechslung in einen Arbeitstag, der coronabedingt so ganz anders ist als sonst. Die angehenden Restaurantfachleute und Köche haben beim Renovieren geholfen, den Hofladen mit umgebaut. Sie haben Dekorationen gebastelt - für Ostern, für Hochzeiten.
Keine Kurzarbeit - Azubis sind dankbar darüber
Ihre Mitarbeiter mussten Wolfgang und Kerstin Nickel auf Kurzarbeit setzen. Ein Schritt, der ihnen nicht leicht gefallen ist. Ihre Auszubildenden beschäftigen die Inhaber des Freizeit- und Ferienhofes weiterhin voll. „Wir sind dankbar, dass unsere Chefin und unser Chef uns behalten in diesen schwierigen Zeiten“, sagt I Kadek Sartika Yasa.
Er kennt junge Indonesier, die anderswo eine Ausbildung gemacht haben und denen coronabedingt gekündigt wurde. Wolfgang und Kerstin Nickel wissen, wie schwer es für Nachwuchskräfte ist, in diesen Zeiten bei anderen Betrieben unterzukommen. Sie wollten das ihren jungen Leuten auf keinen Fall zumuten.
„Wir hoffen, dass wir Ostern wieder starten können“, merkt Kerstin Nickel an. Ihr und ihren Auszubildenden fehlen die Besucher, der normale Arbeitstag. Der Schnee kam wie gerufen, um sich vom Warten auf die Wiedereröffnung ein bisschen abzulenken. (mz)


