Zeitzeugen-Suche Zeitzeugen-Suche: Helbraer Schüler in Aachen festgenommen
benndorf/MZ - Heimatforscher Günther Tröge aus Benndorf steht vor einem Rätsel. Beim Studium der Festschrift „800 Jahre Helbra“ aus dem Jahr 1955 ist ihm folgender Hinweis aufgefallen, der sich auf einen Beitrag aus den „Aachener Nachrichten“ vom 25. November 1954 bezieht. Darin heißt es:
„Mit großem Polizeiaufgebot wurde gestern abend die wenige Stunden vorher verbotene Kulturveranstaltung der ostdeutschen Oberschule Helbra bei Eisleben im ,Jakobshof‘ unterbunden. Ein Teil der Lehrkräfte und der über hundert Schüler im Alter von 10-13 Jahren waren bereits am Nachmittag auf einer Stadtrundfahrt festgenommen worden. Die restlichen Mitglieder der Kulturgruppe konnten im Zuge einer Großrazzia, die erst gegen 22 Uhr abgeschlossen war, ermittelt und in das provisorische Sammelquartier ,Colynshof‘ gebracht werden. Der Leiter der Gruppe und die erwachsenen Begleiter wurden noch am gleichen Abend von der Kriminalpolizei vernommen. Als Begründung für diese Maßnahme wurde auf den Veranstalter, das Friedenskomitee, verwiesen, das allerdings bislang noch nicht zu den verbotenen Organisationen zählte.“ Soweit der Eintrag.
Wie Tröge der MZ mitteilte, konnte sich im Heimatverein Helbra keiner an diesen Vorfall im damaligen Westdeutschland erinnern. Auch die heutige Leiterin der Helbraer Schule hat davon noch nie etwas gehört. Daraufhin hat sich Tröge an die Aachener Zeitung sowie an die Stadtbibliothek Aachen mit der Bitte um Mithilfe gewandt und erhielt sehr schnell die Veröffentlichungen in den „Aachener Nachrichten“ vom 25. und 26. November 1954 übersandt.
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Daraus ist zu entnehmen, dass das Verbot der FDJ in Westdeutschland letztlich die Ursache für die Absage des Auftritts der Helbraer war. Da alle Schüler Mitglieder der FDJ waren, hatte der Polizeipräsident deren Festnahme angeordnet. „Da diese Sache von Bedeutung für das Verstehen der damaligen Zeit ist, wäre es hilfreich, wenn noch Zeitzeugen beziehungsweise Teilnehmer der damaligen geplanten Veranstaltung in Aachen gefunden und befragt werden könnten“, so Tröge.
In den Veröffentlichungen wird nach seinen Angaben auch ein „Friedenskomitee“ als Veranstalter in Aachen genannt. Im Plan der Lutherstadt Eisleben für das Jahr 1952 sei ebenfalls die Rede von Ortsfriedenskomitees, so der Heimatforscher weiter. „Leider konnten auch hier bisher keine zuverlässigen regionalen Antworten gefunden werden“, teilte Tröge mit.
Vielleicht wäre dies aus einer Sicht auch ein Anlass, über den Zweck der Friedenskomitees in Eisleben mehr zu erfahren. Am Donnerstag will Tröge dieses Thema auch in der Mitgliederversammlung des Heimatvereins in Helbra ansprechen.