Vor 90 Jahren Vor 90 Jahren: Helftaer protestieren gegen Eingemeindung

Eisleben - Vor 90 Jahren fegte ein Sturm der Entrüstung durch Helfta. Insbesondere die Haus- und Grundbesitzer des Ortes waren aufgebracht, nachdem sie erfahren hatten, dass das benachbarte Eisleben ernsthaft die Eingemeindung von Teilen ihres Gebietes anstrebt.
Am 2. August 1926 versammelten sie sich im Gasthof „Zur Sonne“, um gemeinsam „den Eingemeindungsplänen von Helftaer Land zu der Stadt Eisleben entgegenzutreten“, berichtete das Eisleber Tageblatt.
Vorhaben am Eisleber Bahnhof
Die Landbesitzer hatten sich den Verbandsvorsitzenden des gewerbetreibenden Mittelstandes eingeladen, der die Auswirkungen der Abgabe von Grund und Bodens für die Kommune so beschrieb: „Die Wegnahme wichtiger Teile eines Betriebes oder eines Landes schafft stets Lebensnot, untergräbt die Selbsterhaltung.“
Die Gemeinde Helfta, die bereits 1865 für den Bau des Eisleber Bahnhofes Grund und Boden hatte hergeben müssen und sich 1919 erstmals mit der Idee einer Eingemeindung nach Eisleben konfrontiert sah, setzte sich 1926 noch erfolgreich gegen eine weitere Gebietsabtretung zur Wehr. Erst am 1. April 1939 verlor sie ihren Ortsteil Neu-Helfta mit etwa 100 Einwohnern an die Lutherstadt. Es handelt sich um jenes Gebiet, das in etwa dem heutigen Wolferöder Weg entspricht. 1950 lehnten Helftas Gemeindevertreter die Eingemeindung ab, dann wurden ab 1952 höheren Orts mit dem Bau der Thälmannsiedlung zwischen Rathenaustraße und Sonnenweg auf Helftaer Flur Tatsachen geschaffen. Das freie Feld zwischen den Nachbarn verschwand, und 1959 beschloss der Kreistag die Eingemeindung Helftas nach Eisleben zum 1. Januar 1960. (bz)
Da Eisleben durch seinen Stadtkreis die notwendigen Finanzen für die eigene Haushaltung nicht mehr aufbringen könne, sei man im Rathaus auf den Plan verfallen, 2.000 Morgen Helftaer Flur um den Bahnhof Eisleben dem Stadtkreis einzuverleiben, um sich günstiges Siedlungsgelände zu verschaffen. Da das von Eisleben beanspruchte Land nur zu einem geringen Teil der Gemeinde, sonst aber Privatbesitzern gehöre, seien „Gegenmaßnahmen der Gemeinde Helfta nicht nur verständlich, sondern sogar notwendig“, erklärte der Redner unter Hinweis darauf, dass die Stilllegung des Hermannschachtes für Helfta finanzielle Nachteile mit sich gebracht habe.
„Früher, als der Schacht noch im Betrieb stand, war in Helfta ein leichtes Haushalten, da durch dieses Werk allein rund 20.000 Mark in den Gemeindesäckel flossen“, sagte er und prophezeite: Würden der Gemeinde jetzt auch noch die Einnahmen der von Eisleben geforderten Gebiete abgezogen, dann könnte sich Helfta nicht mehr erhalten.
Der Gemeindevorsteher sah das nicht anders, er versicherte: „Seit zwei Jahren schon haben wir darauf hingearbeitet, daß kein Land der Gemeinde verloren geht.“ Überdies erinnerte er daran, dass Eisleben in den Jahren als der Hermannschacht noch in Betrieb war versuchte habe, ganz Helfta einzugemeinden. Doch jetzt, da der Schacht stillgelegt sei, wolle die Stadt von der Gesamteingemeindung nichts mehr wissen, sondern beanspruche nur das Land am Eisleber Bahnhof, das allerdings zu Helfta gehört.
„Obwohl 1.596 Einwohner Helftas sich gegen die Ausgemeindung Helftaer Dorfflur ausgesprochen haben, wird dieser Plan immer wieder in den Vordergrund gerückt“, kritisierte der Gemeindevorsteher.
Die Stadt begründete ihre Bestrebungen damit, dass sie das Land benötige, um Industrie in die Nähe des Bahnhofs zu ziehen. Dergleichen habe Helfta bereits versucht, hielt der Vorsteher entgegen und ergänzte: „Es ist der Gemeinde nicht einmal gelungen, eine Blechfabrik hierher zu bringen.“ Er kam zu dem Schluss, dass Helfta von der Abgabe einiger Teile seiner Flur an die Stadt keine Vorteile erwarten könne, sondern seine Lebensfähigkeit untergraben würde.
Pläne niedergeschlagen
Damit erntete er Zustimmung, und das Tagesblatt resümierte: „Einstimmig wurde beschlossen, dem Regierungspräsidenten eine Entschließung zu unterbreiten, in der ausgedrückt wird, daß die Bewohner Helftas sich mit allen Mitteln gegen eine Eingemeindung Helftaer Flur wehren, und daß diese Pläne niedergeschlagen werden.“ (mz )
