Vor 110 Jahren Vor 110 Jahren: Erinnerungen an den Ziegerschen Gasthof in Helfta

Eisleben - Am Montag, 10. Dezember 1906, begannen auf dem Gelände des Hermannschachtes vor den Toren von Helfta die Teufarbeiten für einen neuen Schacht, den Hermannschacht II, der vor allem „zur Leutebeförderung“ vorgesehen war, wie es seinerzeit hieß.
Abriss des Förderturm des Hermannschachtes sorgte für viel Aufsehen
„Den dabei Beschäftigten wurde am Sonnabend vorher im Ziegerschen Gasthofe seitens der Mansfeldischen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft das übliche kleine Fest gegeben“, berichtete das Eisleber Tageblatt. Heute fragt man sich, wo die Bergleute damals gefeiert haben mögen.
Den Standort des Hermannschachtes, dessen mächtiger Förderturm einst am Bahnhof Helfta das Bild bestimmte, kennt in Eisleben wohl immer noch jedes Kind, oder es weiß zumindest, dass die Überreste der Halde an der Eisenbahnstrecke Halle - Eisleben zu jenem Schacht gehörten, der bis 1925 in Betrieb war und dessen Fördergerüst am 25. April 1931 auf eine in Deutschland bis dahin nicht gekannte Weise abgerissen wurde.
Die Hermannschächte I und II bei Helfta wurden nach Bergrat Hermann Schrader (1855-1940) benannt, der von 1901 bis 1908 Oberberg- und Hüttendirektor der Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft war. Der Hermannschacht I wurde im Jahr 1899 begonnen, zwei Jahre später konnte aus 340 Meter Tiefe das erste Erz gefördert werden. Schacht II wurde 1906 bis 1908 bis in eine Tiefe von 380 Metern geführt, wie Günter Jankowski in seiner Schrift „Wichtige Kupferschiefer-Schächte in der Mansfelder Mulde“ (1987) mitteilt. Laut Jankowski hatten die Schächte zeitweilig bis zu 3.000 Mann Belegschaft. Im Juni 1924 wurde die Produktion eingestellt, etwa 2.000 Beschäftigte erhielten die Kündigung, von denen etwa 850 auf dem Wolf- und dem Clotildeschacht eine neue Arbeit fanden. 1925 erfolgte die endgültige Stilllegung. (bz)
War es bis dato üblich, solche stählerne Riesen, nachdem sie ausgedient hatten, Stück für Stück abzutragen, wählte man in Helfta einen völlig neuen Weg: Durch Abschweißen der Träger und Stützen brachte man den Koloss im Beisein hunderter Schaulustiger mit gewaltigem Krach zu Fall.
Was hingegen den Standort des 1906 erwähnten Ziegerschen Gasthof betrifft, geraten heute selbst alte Helftaer ins Grübeln. Sie erinnern sich an eine Postkarte aus den 1920er Jahren, die ein stattliches Backsteingebäude mit der Aufschrift „Herm. Ziegers Gastwirtschaft“ zeigt. Dieses in der Nähe des Federmarktes gelegene Haus befand sich 1906 allerdings noch in anderen Händen. Erst am 3. Mai 1921 zeigte Hermann Zieger an, dass er die „frühere Sannemannsche Gastwirtschaft“ in Helfta übernommen habe.
Das Haus, in dem sich diese Gaststätte befand, steht allerdings schon längst nicht mehr. In den 1960er Jahren wurde es infolge Erdsenkungen abgerissen. Zuletzt befand sich hier ein Landwarenhaus, wie sich alte Helftaer erinnern.
„Gasthof zu Helfta“ wechselt 1921 den Besitzer
Im Jahr 1921 wechselte in Helfta noch eine weitere populäre Gaststätte den Besitzer. Im August machte Wilhelm Trebstein, der seit 1912 in Oberröblingen am See das „Strandschlößchen“ bewirtschaft hatte, bekannt, dass er den „Gasthof zu Helfta“ erworben habe und sich nunmehr gestatte, den werten Gästen seine „Lokalitäten, Säle und Kegelbahn in empfehlende Erinnerung zu bringen“. Vermutlich hat Trebstein seinerzeit den Gasthof von Hermann Zieger gekauft, denn auf älteren Postkarten kann man lesen, dass Zieger Inhaber des Gasthofes zu Helfta war, der sich in etwa dort befand, wo heute die Kegler der BuSG Aufbau Eisleben trainieren.
Der im Jahr 1906 erwähnte Ziegersche Gasthof muss folglich mit dem einstigen „Gasthof zu Helfta“ identisch sein, was eine alte Helftaerin bestätigte. Sie wisse vom Hörensagen, dass vor Trebstein Hermann Zieger der Eigentümer des Gasthofes in der Hauptstraße war.
Damit ist klar, dass die Bergleute am 8. Dezember 1906 nur dort ihre Gläser erhoben haben können, um auf das Gelingen des bald darauf begonnenen Hermannschachtes II anzustoßen. (mz)