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Süßer See in Eisleben Süßer See in Eisleben: Wurden Angler abgezockt?

Von Wolfram Bahn 02.06.2015, 17:34
Angler am Süßen See in Seeburg
Angler am Süßen See in Seeburg archiv Lizenz

Eisleben - Auf diesen Prozess hat Robert Farle lange gewartet. Der Vorsitzende eines Segelsportvereins am Süßen See hatte vor drei Jahren die Beschwerden von Anglern und Anrainern gegen die angeblich rigiden Kontrollen der Fischereiaufseher am größten Gewässer des Mansfelder Landes zusammengetragen und später der Staatsanwaltschaft übergeben. Am 15. Oktober 2013 hat die Ermittlungsbehörde Anklage erhoben. Am Dienstag begann am Amtsgericht Eisleben nun der Prozess wegen des Verdachts der Nötigung.

Der Berufsfischer Ulrich Kulawik kann den Süßen See auch weiterhin bewirtschaften. Trotz der Kritik von Anglern, er würde den Fischbesatz vernachlässigen, hat das Land als Haupteigentümer des Gewässers an der B 80 im vorigen Jahr den Pachtvertrag bis 2026 verlängert. Es hat allerdings ein Kontrollgremium geschaffen, das ein Auge auf die Einhaltung des Pachtvertrages haben soll.

Angeklagt sind der Berufsfischer Ulrich Kulawik, der Pächter der drei Seen in der Region ist, sein damaliger Fischereiaufseher und ein Privatdetektiv, der besonders im Fokus des Vorsitzenden Richters Dirk Kramer steht. Denn der gleiche Mann musste sich schon im Jahre 2007 wegen der gleichen Vorwürfe vor Justitia verantworten.

Kramer hatte ihn damals wegen Nötigung für schuldig befunden und ihn zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt. Der Privatdetektiv, der aus Sachsen stammt, wehrte sich beim Landgericht erfolgreich dagegen. Das Verfahren wurde gegen eine geringe Geldauflage eingestellt. Ein Umstand, der Kramer überrascht hat, wie er gestern zu Beginn des Prozesses einräumte.

Er hatte angenommen, dass die höhere Instanz versucht, dieses schwierige juristische Geflecht von Straf- und Zivilrecht sowie dem Fischereirecht des Landes zu entwirren. Und als im Jahr 2013 solche Fälle vom Seegebiet in weitaus größerem Umfang auf seinem Tisch landeten, unternahm Kramer einen zweiten Anlauf, die Strafsache vor das Landgericht zu bringen.

Wieder ohne Erfolg. Nach zehn Monaten tauchten die Akten erneut beim Amtsgericht auf. Der gleiche Richter, der schon 2007 dem Einspruch des Privatdetektivs nachgegeben hat, schob den Fall diesmal zurück nach Eisleben. Auch deshalb brauchte es fast anderthalb Jahre, ehe das Verfahren jetzt unter den Augen der zahlreich versammelten Besucher im Gerichtssaal 219 losgehen konnte.

Dabei geht es wie schon damals um die Frage, ob Kulawik und seine Fischereiaufseher bei Verstößen gegen das Fischereigesetz oder der Angelverordnung von ertappten Anglern sofort Geld als Vertragsstrafe einreiben durften. Zudem sind nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Angler genötigt worden, sogenannte Aufwandsentschädigungen zu zahlen, um einer Anzeige bei der Polizei zu entgehen. Insgesamt 18 solcher Fälle hat Staatsanwalt Norbert Hartge dem Amtsgericht in Eisleben vorgelegt und sie gestern öffentlich verlesen.

Sie betreffen den Zeitraum vom 12. Juni 2010 bis zum 19. Mai 2012. Eine Fülle an Fakten kam dabei zusammen. Von Summen bis zu 450 Euro war da die Rede, die Angler an den Privatdetektiv entrichtet haben. Und das, obwohl in den Geschäftsbedingungen des Berufsfischer, die jeder unterschreibt, wenn er einen Angelschein bei ihm erwirbt, eine Summe von 100 Euro bei Verstößen festgelegt ist.

„Das sollte doch nur zur Abschreckung sein“, erklärte Kulawik vor Gericht. Der studierte Binnenfischer schilderte, wie er nach der Übernahme des Fischereiausübungsrechtes für die drei Seen im Jahre 2002 immer wieder mit Zerstörungen seiner Fanggeräte und Wilderei zu kämpfen hatte.

Um dem Einhalt zu gebieten, wurde in Absprache mit dem Landkreis ein Fischereiaufseher bestellt, „der ein guter Freund von mir war und auch auf meinem Hof arbeitete“. Zudem heuerte er den Privatdetektiv an, der einschlägige Erfahrungen aus Bau- und Supermärkten besaß. Kulawik ließ ihn nach eigenem Bekunden mehr oder weniger freie Hand. Eine schriftliche Vereinbarung mit ihm habe es auch nie gegeben, so der Fischer. Er sei in Naturalien bezahlt worden, Geld habe er nie bekommen, erklärte Kulawik.

Der angeklagte Fischereiaufseher, der inzwischen vom Landkreis abberufen worden ist, machte vor Gericht keine Aussage. Der Privatdetektiv, der seit 2014 nicht mehr in Diensten des Fischers steht, schob dagegen wortreich alle Vorwürfe von sich. „Die Betroffenen konnten bezahlen, mussten es aber nicht“, behauptete er. Das Gericht will nun klären, ob dabei wirklich alles rechtens abgelaufen ist. (mz)