Rechtsstreit über Goldschrift
Eisleben/MZ. - Um eine möglichst schlichte Atmosphäre und den christlichen Charakter der Ruhestätte zu wahren, gelten dort nämlich strenge Richtlinien - unter anderem sind Goldschriften auf den Grabmalen verboten. Dagegen hat jetzt eine Familie geklagt und in erster Instanz Recht bekommen: Das Verwaltungsgericht Halle entschied, dass die Goldschrift in diesem konkreten Einzelfall genehmigt werden müsse. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, weil die Kirchengemeinde beim Oberverwaltungsgericht Berufung beantragt hat.
Grundsätzlich, sagt Rechtsanwalt Reiner Schock aus Halle, der die Kläger vertritt, habe eine Kirchengemeinde "unzweifelhaft das Recht, in Satzungen und Gestaltungsrichtlinien die Grabmal-Gestaltung zu regeln". Dabei sind auch strengere Vorschriften möglich. Zumal, wenn es - wie in Eisleben - außer dem kirchlichen noch einen kommunalen Friedhof gibt. Denn das bedeutet ja, dass Angehörige, die mit den strengen kirchlichen Richtlinien nicht einverstanden sind, eine Alternative haben. Wäre der kirchliche Friedhof dagegen ein "Monopol-Friedhof", müsste sich die Kirchengemeinde an den allgemein gültigen Gestaltungsvorschriften orientieren.
Das Gericht, erläutert Schock weiter, habe keine prinzipielle Entscheidung darüber getroffen, ob das Verbot von Goldschriften rechtmäßig sei. Ausschlaggebend waren im vorliegenden Fall eher formale Gründe. Die Familie hatte nämlich 1994 einen Grabstein mit Goldschrift aufstellen können - damals hatte die Kirchengemeinde ihre Gestaltungsrichtlinien nicht konsequent durchgesetzt. Als die Angehörigen nun eine weitere Goldschrift ergänzen wollten, lehnte die Gemeinde dies ab - unter Hinweis auf die gültige, 2004 veröffentlichte Friedhofssatzung. "Das Gericht hat aber darauf hingewiesen, dass es an einer Übergangsregelung für bereits bestehende Grabmale fehlt", so der Rechtsanwalt. "Die Nutzer durften seit 1994 darauf vertrauen, dass Goldschrift auch weiter gestattet sein würde."
Das sieht Frithjof Grohmann völlig anders. Der Pfarrer, seit 2000 im Ruhestand, ist im Auftrag des Gemeindekirchenrats ehrenamtlich und unentgeltlich für die Friedhofsverwaltung zuständig. Dass die Gestaltungsrichtlinien 1994 nicht konsequent durchgesetzt wurden, habe mit der unsicheren Situation in jener Zeit zu tun: "Wir wollten den Friedhof damals eigentlich abgeben." Erst nach längerem Hin und Her habe die Gemeinde dann beschlossen, den Friedhof doch zu behalten. So sei "eine gewisse Lässigkeit eingetreten", was die Grabmal-Gestaltung betraf, so Grohmann. "Wir haben uns gesagt, wenn wir den Friedhof sowieso abgeben, kommt es auch nicht mehr drauf an."
Mit umso größerem Enthusiasmus sei man nach der Entscheidung, den Friedhof zu behalten, ans Werk gegangen. Und das Ergebnis könne sich sehen lassen, findet nicht nur Carola Hanke, die als geringfügig Beschäftigte gemeinsam mit Lutz Kirchberg auf dem Friedhof im Einsatz ist. "Die Besucher sagen uns immer wieder, wie sehr ihnen die schlichte Atmosphäre gefällt." Deshalb bestehe die Kirchengemeinde auch auf dem Verbot neuer Goldschriften, so Pfarrer Grohmann. "Wenn wir da eine Ausnahme zulassen, kommen bald die nächsten." Und trotz der Niederlage in der ersten Instanz ist Grohmann optimistisch, was das weitere juristische Verfahren betrifft. Das Bundesverwaltungsgericht habe in einem ähnlichen Streit - dabei ging es um ein poliertes Grabmal - einer Kirchengemeinde Recht gegeben.