Rätselfoto aus Eisleben Rätselfoto aus Eisleben: Oma Kläre saß an der Pforte

Eisleben/MZ/JM - Dass das Rätselfoto der vorigen Woche den Großen HO in Eisleben zeigte, haben alle Einsender erkannt. „Unverwechselbar: Der Große HO in der Sangerhäuser Straße in Eisleben“, schreibt Gisela Hutschenreuther.
„Von meiner Oma wusste ich, dass es schon vor dem Krieg ein großes Kaufhaus war und einer Familie Goldstein gehörte. In meiner Kindheit war es das HO-Kaufhaus und wurde aber nur Großer HO genannt. Später erhielt es den Namen Kaufhaus Magnet. Diese Bezeichnung setzte sich aber bei den Eislebern nicht durch. Nach wie vor kauften sie im Großen HO ein“, so Frau Hutschenreuther. Ihre Oma Kläre habe im Großen HO als Pförtnerin gearbeitet. „An der Pforte wurden in der Nachtschicht durch ein kleines Fenster auch diverse Kleinigkeiten wie in einem Kiosk verkauft, zum Beispiel Zigaretten.“ Oma Kläre habe ihre Stammkunden, darunter viele Kraftfahrer und Polizisten, immer mit den neuesten Informationen versorgt und ihnen auch schnell mal einen Tee oder einen Kaffee aufgebrüht.
„Als Jugendliche machte ich oft einen großen Bogen um das Kaufhaus, damit mich Oma beim ,Plattenschieben‘ nicht kontrollieren konnte (,Plattenschieben‘ nannte man das Bummeln vom Kino bis zu Naumanns und wieder zurück.) Wenn ich heute, inzwischen selbst Oma, als ,Zeitungsfrau Kläre‘ in Mundartveranstaltungen unterwegs bin, werde ich oft noch auf die ,richtige Kläre‘ angesprochen, denn die haben viele Eisleber in guter Erinnerung behalten.“
Rolf Keil schreibt, dass der Vorgängerbau dem Kaufmann Hermann Mylius gehörte und 1899/1900 abgerissen wurde. „In der Vikariatsgasse bestand seit 1888 eine Filiale eines Konfektionsgeschäftes von Abraham Goldstein in Roßla. Dessen beide Söhne Hermann und Benno Goldstein hatten das Grundstück von Hermann Mylius gekauft und ließen um 1900 ein neues Kaufhaus bauen. Es entstand ein repräsentativer Bau, der an den Barockstil erinnert, mit zwei Verkaufsetagen, Dachgauben und dem Eingang an der Ecke zu Luthers Sterbehaus“, so der Eisleber. Die jüdische Familie Goldstein sei 1938 in die USA emigriert.
„Dort hat man zu DDR-Zeiten gut einkaufen können“, erinnert sich H. Looke aus Gorenzen. Auch Beate Kulpe aus Eisleben schreibt: „Im HO-Kaufhaus gab es alles zu kaufen. Schade für die Stadt, dass es so ein Kaufhaus nicht mehr gibt.“ Christa Keitz, die aus Eisleben stammt und heute in Uhldingen-Mühlhofen wohnt, hat viele Jahre im Großen HO eingekauft, wie sie mitteilt. „Mit Wehmut nahm nicht nur ich die Nachricht von der Schließung auf. Ein nicht geringes Kapitel unserer Einkaufskultur sollte nun Geschichte sein. Schade!“ Auch A. Gottschalk aus Eisleben meint, dass heute in Eisleben so ein Einkaufscenter fehle. Zur DDR-Zeit sei das Kaufhaus „weit und breit im Mansfelder Land bekannt gewesen“.
Mit der Geschichte des Kaufhauses hat sich Helga Meyer aus Eisleben detailliert beschäftigt. 1892 habe Hermann Goldstein das Grundstück Sangerhäuser Straße 2 gekauft. Im gleichen Jahr hätten Erdsenkungen begonnen, die zu großen Schäden an den Gebäuden führten. Deshalb sei 1899 das Haus Sangerhäuser Straße 2 abgerissen worden. Benno und Hermann Goldstein erwarben das Grundstück Sangerhäuser Straße 1 und planten den Neubau eines Warenhauses. Die Projektierung habe der Eisleber Zimmermeister Carl Voigt übernommen. 1925 sei anlässlich des 25-jährigen Geschäftsjubiläums ein Schmuckfenster mit Bergmannsmotiv eingebaut worden. Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 habe es Repressalien gegen den Kaufmann Goldstein und alle anderen jüdischen Bürger Eislebens gegeben. Am 30. März 1938 sei das Kaufhaus geschlossen worden. Einen Tag später sei es als Kaufhaus E. Boerner KG wiedereröffnet worden.
„Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Firma E. Boerner KG unter staatlicher Treuhand“, schreibt Ernst-Peter Schelm. „Am 15. Februar 1949 eröffnete die Handelsorganisation hier im Mansfelder Land ihren ersten ,freien Laden‘.
30 Euro gewonnen
Gisela Hutschenreuther aus Eisleben hat die 30 Euro gewonnen. Das Geld liegt in der MZ-Lokalredaktion in Eisleben, Plan 7, bereit.