Pianist Piotr Oczkowski in Helfta Pianist Piotr Oczkowski in Helfta: Vergleich zweier Komponisten

Eisleben - Wer kennt ihn nicht: Frédéric Chopin. Fast schon erübrigen sich Erklärungen jeglicher Art. Bei Karol Szymanowski hingegen sieht das ganz anders aus, denn er ist weniger bekannt, aber deshalb nicht minder interessant. Das dachte sich auch der Detmolder Pianist Piotr Oczkowski und hat bei seinem Konzert im Mechthildsaal des Klosters Helfta einen interessanten Versuch gewagt: Er hat Werke gleicher Gattung beider Komponisten vorgetragen, das heißt Mazurken, Fantasien und Preludes. Damit hat er einen direkten Vergleich ermöglicht.
Entwicklung soll aufgezeigt werden
Oczkowski hat versucht, mit seiner Stückauswahl die Entwicklung Karol Szymanowskis (1882-1937) vom Romantiker, was bei den Preludes der Fall ist, zu einem atonalen Komponisten, wie bei den Mazurken, zu zeigen. Er sagt: „Das ist fantastisch, was Szymanowski da macht, weil er sich viel mehr als Chopin (1810-1849) mit der Urtümlichkeit der Mazurken beschäftigt. Das heißt, er schreibt sie so, wie man sie mehr oder weniger in Polen heute erleben würde.“ Das betreffe die Skalen, das heißt, die Art und Weise, wie er die melodischen Linien benutzt, und die Harmonien. Die seien viel urtümlicher als bei Chopin. Chopin habe sie romantisiert. Szymanowski mache sie viel origineller. „Es ist für mich schon eine große Entdeckung, das so zu spielen, wie man das in Polen halt macht.“ Und es sei ja auch so, dass man bei beiden Komponisten natürlich immer die „polnische Nostalgie“ eine Rolle spiele. Bei Chopin ein bisschen feiner und subtiler. Bei Szymanowski sei sie manchmal sehr dick aufgetragen, aber sie sei da. „Und natürlich, irgendwie kenne ich das. Ich bin ja selber in Polen geboren, und ich kenne das von meinen Eltern. Es ist interessant, bei einem Komponisten damit umzugehen.“
Süße Trauer
Was bedeutet „polnische Nostalgie“? Oczkowski erklärt: Das nenne sich „al“ (sprich Schaal). Und das sei eine Nostalgie, die Schwermut, Wehmut, aber eben auch einen Hauch bittere Süße enthalte. Da denke man an „die gute, alte Zeit“. Es sei eine Art süße Trauer. „Auf mich persönlich wirkt es sehr schwermütig. Deshalb habe ich mich entschieden, das Ganze mit Chopin aufzuhellen. Ich finde, dass es sehr gut funktioniert, weil es alles sehr kurze, voneinander unabhängige Stücke sind. Das heißt, man kann sie auch beliebig mischen.“
Starke Bindung zu Polen
Piotr Oczkowski weiß genau, wovon er spricht, denn er ist zwar in Polen geboren, hat aber nur die ersten sechs Lebensjahre dort verbracht. Dann ist die Familie nach Venezuela ausgewandert und hat dort weiter polnische Traditionen gepflegt. Er hat auch einige Jahre in Eisleben gelebt. „Meine innere Bindung zu Polen ist schon stark. Aber das Land Polen ist heute für mich ein fremdes Land. Es gibt in Deutschland etwas, was ich sehr gut finde, und was es in Polen nicht gibt: Im Deutschen gibt es das Wort „Vaterland“ und das Wort „Heimat“. Polen ist mein Vaterland, aber Polen ist keine Heimat für mich. Und zu Hause ist im Moment auf jeden Fall Detmold.“ (mz)